Tagsüber hilft Juno ihrem schwerkranken Mann Jupiter dabei, seinen Alltag zu meistern. Außerdem ist sie Künstlerin, tanzt und spielt Theater. Und nachts, wenn sie wieder einmal nicht schlafen kann, chattet sie mit Love-Scammern im Internet. Martina Hefter hat einen berührenden Roman über Bedürfnisse und Sehnsüchte im Leben geschrieben. Und darüber, wie weit man bereit ist, für die Liebe zu gehen.
Juno schreibt online mit Männern, die Frauen online ihre Liebe gestehen und so versuchen, sie um ihr Geld zu bringen. Doch statt darauf hereinzufallen, werden genau diese Männer zu einer Form von Freiheit für Juno. In den Gesprächen kann sie sein, wer sie will und sagen, was sie will – und das vermeintlich ohne Konsequenzen. Ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben, in dem sie immer unterwegs, immer besorgt um Jupiter, immer beschäftigt und eingebunden ist. Also flüchtet Juno ab und zu vor ihrem Alltag ins Internet und spielt dort Spielchen mit Männern, die sie anlügen. Sie selbst wird zur Lügnerin. Aber ist es nicht so, dass man sich beim Lügen zuallererst selbst belügt? Eines Tages trifft Juno auf Benu, der ihre Behauptungen ebenso durchschaut wie sie seine. Und trotz der Entfernung zwischen ihnen entsteht eine Verbindung. »Hey guten Morgen, wie geht es dir« ist ein tiefgehender Roman, aber so leichtfüßig wie eine Komödie.
Technisch steriler Realismus. Konsequent bedeutungsentleert. Die Banalität und deprimierende Alltagsrealität stürzt die heroischen mythologischen Wesen in eine Schattenexistenz. Was bleibt? Zynismus, Kommunikation als Abwehrreaktion, funktionaler Alltag – monoton, traurig, hohl und flüchtig.
Ich bin dem deutschen Buchpreis für dieses Buch sehr dankbar. Martina Hefter arbeitet technisch präzise und konsequent. Daher kann sie mir als Lehrstück für das, was mich bisher an deutscher Gegenwartsliteratur irritiert und verärgert hat dienen. Auch sie arbeitet wie so viele andere mit einem Realismus, der die äußere Wirklichkeit beschreibend und abbildend zeigt. Weigerung von Psychologisierung und tieferer Reflexion. Die subjektive Erkundung wird abgeschnitten oder maskiert. Ich würde dazu neigen, ihn sogar hier als eine Form des Hyperrealismus zu titulieren, da sie Social Media und Emoticons, GIF’s und Filmbezüge „Melancholia“ nutzt, um eine übersteigerte Reproduktion von Zeichen und Bildern einzuweben. Emotionalität lässt dieses Buch nur künstlich, auf Knopfdruck zu. Eine standardisierte Auswahl an Emotionen. Besonders wirkungsvoll, da dieses Buch einen Sprachstil wählt, der einen starken Kontrast dazu bildet. Hefter geht im Gegensatz zu vielen Kolleg:innen, die in einer übersteigerten fetzigen, schrillen Art Social Media bespielen, in dessen Negation. Die Icherzählerin ist eine Frau, die sich schon immer in einer Außenseiterrolle befunden hat. Der Text ist geprägt von einer distanzierten, kühlen Monotonie. Juno hat Schlafstörungen. Sie lebt mit Jupiter zusammen, der an einer Erkrankung leidet, die ihn muskulär stark einschränkt. Er ist auf den Rollstuhl angewiesen. Wir erfahren aber kaum etwas von Jupiter. Nur vereinzelte Gespräche und kurze Erledigungen, Fahrten mit ihm, die komplett entkernt, nur situativ erwähnt werden. Sie bricht ihr Leben auf reine Funktionalität ihrer Person herunter. Bewusste Verweigerung von Tiefe und Lebendigkeit der Figuren. Der Text ist völlig auf das Dilemma des modernen Menschen ausgerichtet. Überforderung und Orientierungslosigkeit. Für wen werde ich in Verantwortung genommen? Wofür Lebe ich? Prekäre soziale Verhältnisse. Rechtfertigen müssen. Heldentum, Glorifizierung? Die hohle Wirklichkeit, eine Hülle, die Leere einer bedeutungslosen Welt. Die Icherzählerin arbeitet sich in einer zynischen, larmoyanten, teils selbstgefälligen Art und Weise daran ab. Bis über die erste Hälfte des Buches wusste ich nicht wo das hin soll, was ich damit anfangen soll. Zumal sie Verallgemeinerungen, Zuspitzungen und irritierende Gedankengänge einstreut, die meines Erachtens überhaupt nichts mit der Situation zu tun haben, bzw. keinen Bedeutungszusammenhang ergeben. Wie eine Art assoziatives Gedanken streifen lassen, das für mich wie zufällige Behauptungen wirkt. Hier ein längeres Zitatbeispiel dafür, die fehlende Plausibilität der Aussagen Junos zu verdeutlichen. Ein vortäuschen von Tiefe um die eigene Belanglosigkeit zu maskieren. Ein Akt der Distanzierung und provokantem Selbstschutz. Eine reine Abwehrgeste.
...dem Tanzen, und Plutos hatte sich neben sie auf den Boden gesetzt und gefragt, was sie so mache. Plutos sah aus wie jemand, der nicht schlecht verdiente. Man sah den Leuten ihren relativen Reichtum immer an, vor allem den Männern, fand Juno. Wenn sie gut verdienten, hatten sie immer diese gebräunten Gesichter, weil sie Zeit hatten, Radtouren oder Segelausflüge zu machen. Und sie hatten dicke Bäuche, auch wenn sie sonst schlank waren, weil sie regelmäßig Wein tranken. Juno war zu höflich gewesen, um die Frage nach der Mailadresse abzulehnen, etwas, das sie später bereute. Als Plutos' Mail kam und darin stand, dass er sich auf ein weiteres Tanzen freue und was sie so in ihrer Freizeit mache, hatte sie nur kurz geantwortet, dass sie nie Freizeit habe. Es wäre deutlich genug gewesen, hatte Juno gedacht. Aber jetzt, nach dem Tanzen, als alle in ihre Jacken schlüpften und sich die Schuhe anzogen, kam Plutos zu ihr und fragte, was sie heute noch mache. Juno sagte, sie müsse nach Schkeuditz in die Sternwarte. Ich arbeite da. Sie sah Plutos in die Augen, während sie das sagte. Ein paar andere Leute hörten es auch und drehten sich kurz zu ihnen um. Leicht zweifelndes Lächeln. Plutos sah aus, als würde er ihr nicht trauen, dann wieder doch, da war ein respektvoller Blick. Der gleich wieder in Zweifel umschlug. Juno war versucht, ihm die Last zu nehmen, das Spiel zu beenden. Ich mach nur Spaß, wollte sie sagen. Aber streng genommen war's kein Spaß. Sondern eine Form von Rücksicht. Die Menschen konnten manchmal die Wahrheit schlechter verkraften als eine offensichtliche, unverschämte Lüge. All die Frauen, zum Beispiel, die auf die Scammer reinfielen, wollten die Wahrheit nicht sehen, obwohl sie sie eigentlich längst kannten. Plutos wollte die Wahrheit auch nicht sehen, sonst hätte er sie nicht gefragt, was sie heute Abend mache. Leute wollten nicht wahrhaben, dass sie sterblich waren, aber zuvor wollten sie nicht wahrhaben, dass sie einsam waren.
Als Psychogramm dient das Buch schon mal nicht. Also, was soll das? Genau das was das Buch tut. Die hohle Wirklichkeit demonstrieren. Menschen mit Bedürfnissen in einer ständigen Produktion von Wertschöpfung. Und da sitzt Juno, hat ihre Tanzperformance für die lebt und brennt, von der sie finanziell aber nicht leben kann und mit dem älter werden konfrontiert wird (sie ist 50). Was mache ich wenn ich überfordert bin und die chaotische Lebendigkeit des Lebens nicht erfassen kann? Ich verknappe und entkerne mich auf das funktional Wesentliche. Das, was einer bedeutungslosen Ordnung folgt. Und Tadaaa, willkommen in der Gegenwartsliteratur! Diese Texte parodieren im Grunde die Unfähigkeit der modernen Welt bedeutungsvolle Erzählungen hervorzubringen oder unserer Welt noch eine bedeutungsvolle Mystik abzutrotzen. Wir desillusionierten, zynischen Wesen. So wenig Resilienz. So wenig Lebendigkeit. So wenig Lebenstrieb. So wenig, bei zu viel Verantwortung, bei zu viel (digitaler) Welt und zu vielen Tattoos die ich mir als Ersatzhandlung der Bedeutungszuschreibung stechen lasse ( summ summ, Bienchen summ). Tanzt um euer Leben. Zersplittert in tausend Sterne aber kommt bloß nicht auf die Idee zu versuchen ins Werden zu kommen, den Geist zu bewegen und auf dem uferlosen Ozean kunstvoll zu manövrieren. Nein, das möchte diese Form des Realismus nicht.
Im Zeiten des Hörbuchs mehren sich auch hörspielartige Performance-Texte, drehbuchartige Gebilde, die mehr von der Authentizität und Dynamik der Stimmen leben als von Schriftsprache typischen Ausdrucksdimensionen und symbolisch durchgebildeten Ausdrucksverfahren, vlg. Yasmina Reza Serge, Terese Präauer Kochen im falschen Jahrhundert und Virginie Despentes Liebes Arschloch. Die Sprache transkribiert sich dort direkt, ungefiltert aus dem Alltag und erscheint nur als Schrift, ohne Schriftsprache zu sein.
Diesen Tee hier musst du Jupiter mitbringen, sagte ihre Mutter einmal, er macht Jupiter nicht gesund, aber fröhlicher, und sie versprach, Juno etwas davon abzupacken. […] Macht der Tee mich auch fröhlicher?, fragte Juno, und ihre Mutter sagte, dass bei ihr kein Tee der Welt helfen könne. Sie wollte einen kleinen, eher zärtlichen Spaß machen, das hörte man an ihrem Tonfall. Aber dann waren sie beide für einen Moment still. Wahrscheinlich stimmt das, antwortete Juno.
Martina Hefter beschränkt sich auf in ihrem Hey guten Morgen, wie geht es dir? auf die Information selbst. Der Titel erinnert nicht ohne Grund an Maxie Wanders Guten Morgen, du Schöne. (1977), konzentriert sich aber nur auf den Alltag einer Frau und nicht wie bei Wanders auf neunzehn Frauen, dennoch verorten sich beide Texte eher in den dokumentarischen als in den fiktionalen Bereich. Hefter beschreibt im Grunde den Alltag einer über 50 Jahre alten Tanzperformance-Künstlerin, die sich um ihren bettlägerigen Partner namens Jupiter kümmert.
Juno kann nicht mehr schlafen. Juno wird nie wieder mit Jupiter auf die Berge steigen oder ins Meer. Juno hasst es, dass immer nur sie den Müll rausbringt, nie Jupiter. Juno hasst sich dafür, dass sie das hasst. Juno steht vor ihrer Wirklichkeit, die sie den Scammern verschweigt, und sie ist eine undurchdringliche Wand. Seid froh, ihr Scammer, dass Juno so lügt.
Um sich über ihren tristen Lebensalltag hinweg zu trösten, chattet sie des Nachts mit Love-Scammern, verulkt sie, vergrault sie, bleibt aber bei einem hängen. Großzügig gesetzt, mit vielen Dialogen, schwungvoll, authentisch, zeigt sich Juno, inszeniert von einer im Hintergrund ziehenden Regisseurin, in ihrer ganzen Verwirrung, Hilflosigkeit und Überforderung. Sie rettet sich in kosmischen Gedankenspielen über Sternbilder, lügt, verheimlicht, spielt, fröhlich zu sein. Die gähnende, klaffende Leere zwischen den am Himmel so prächtig leuchtenden Sternen verzehrt sie. Immer wieder zählt sie die Tage bis zu ihrem bevorstehenden Lebensende:
Juno ist satt und hat (auch in diesem Winter) eine Heizung. Das alles wahrscheinlich noch für den Rest ihres Lebens, das statistisch gesehen noch etwa dreiundzwanzig Jahre dauert.
Verstörend ungefiltert gibt Hey guten Morgen, wie geht es dir? Informationen einer sich auflösenden, sich windenden Psyche preis, die in einer selbst auferlegten Sackgasse steckt und auf ihr Ende wartet. Hier nimmt Hefter den Faden von Helga Schubert aus Der heutige Tag auf und verknüpft diesen Stoffbereich mit der satirisch-sardonischen Schreibweise einer Teresa Präauer aus Kochen im falschen Jahrhundert. Protokollartig, nüchtern, unreflektiert ehrlich schämt, hasst, wundert sich Juno über die Verlassenheit und Isoliertheit der Menschen, während sie alle um sich herum belügt. Die Welt ist eine riesengroße Bühne, nur keiner schaut hin, am wenigstens sie selbst. Sie tanzt und tanzt und hofft, dass das Elend bald ein Ende hat. Siehe auch den Song von Tanja Lasch "Die immer lacht".
--------------------------------- --------------------------------- Details – ab hier Spoilergefahr (zur Erinnerung für mich): --------------------------------- ---------------------------------
Inhalt: Trailer; 15 Kapitel; Epilog und 2 Intermezzos: Bilder von verliebten Männern; Bilder von älteren Frauen. Hauptfigur Juno, Tänzerin, Anfang 50, die ihrer Meinung nach noch 23 Jahre Leben vor sich hat. Sie lebt mit Jupiter zusammen, der an MSE erkrankt ist und seit 15 Jahre nicht mehr für sich alleine sorgen kann. Um die Zeit totzuschlagen, nachts, wenn Juno nicht schlafen kann, chattet sie mit Scammern, die ihr Liebesbotschaften schicken und hoffen, auf diese Geldgeschenke zu erhalten. Mit einem Scammer entwickelt sich eine Freundschaft, Owen_Wilson223, später Benu, der in Nigeria lebt. Sie sagt Jupitern nichts davon, recherchiert über Nigeria, Love-Scammer, um gewappnet zu sein. Als Benu gesteht, sich in sie verliebt zu, wehrt Juno ab. Der Kontakt verläuft sich, insbesondere da Theateraufführungen anstehen, Jupiter nach einem Schub wieder im Krankenhaus liegt, später zur Reha gebracht. Juno vermisst die Gespräche, hätte sich eine Freundschaft gewünscht. Benu verschwindet aber. Die Theateraufführung findet statt. Juno in ihrem Element, ist glücklich. Als sich jemand mit dem Account von Benu meldet, blockiert sie ihn. … vgl. Helga Schubert Der heutige Tag (Krankenpflege); Gabriel Garcia Marquez Wir sehen uns August (Untreue); André Gorz Brief an D. (Liebesversprechen); Ursula Knoll Lektionen in dunkler Materie (Zusammenbruch im Supermarkt). … kein fesselnder Plot, leichte Spannung dadurch, ob Benu sie irgendwann nach Geld fragt oder nicht; spannende Szene mit Pirwa und Cielo in der Bar, ob sie handgreiflich werden, sie ausrauben; belanglose Dialoge, keine Selbstvorwürfe, keine psychische Dynamik, Stillstand, Ausführungen, Abschweifungen in den Weltall, in die Astrophysik, Sternbilder. Es bleibt das Gefühl zurück, dass alles zwischen den Zeilen steht und nichts benannt worden ist. --> 2 Sterne
Form: Kein Sprachwitz, keine Neologismen, keine einfallsreichen Satzstrukturen, keine sich überhebenden Wortakkumulationen. Alltagsgespräch und Alltagssprache, direkt als eine Art Hörspiel zu konsumieren. Kein sprachlicher Anspruch, insofern keine literarische Dimension. … vgl. Heike Geißler Die Woche und Jenifer Becker Zeiten der Langeweile --> 1 Stern
Erzählstimme: Eine Art Regisseurin im Hintergrund, die über Juno (in dritter Person) berichtet, die Welt aus Junos Augen betrachtet, sie im Grunde belauscht (direkte Wiedergabe der Chats). Hier und da zoomt sie aus dem Geschehen heraus. Keine Differenzierung von direkter, indirekter und erlebter Rede. Erzählstimme springt von Vergangenheit, Zusammenraffung, ins Präsens, und sogar in die Zukunft, als Vorhersage (interessante Stelle). Juno wird mal von sehr weit weg, manchmal von innen heraus beschrieben. Sehr schwankende Erzählrichtung und Erzählweise, spricht aus einer unklaren Erzählgegenwart heraus, unreflektiert. Brüchig, durch das Futur aber auch gewagt, eigenwillig, widerborstig, montierend. … … vgl. Nora Bossong Reichskanzlerplatz (doch mutiger, wegen Futurelemente); und Virginie Despentes Liebes Arschloch (ablauschen). --> 3 Sterne
Komposition: Dynamisches, authentisches Widerspiegeln der Erfahrung inkohärenter, nicht passender Lebenswirklichkeiten, ungefiltert, fast roh, zusammengesetzt, aneinandergefügt, plotlos, ziellos, aber mit Schwung und abwechslungsreich vorgetragen. Hat Drehbuch- oder Performancecharakter. Assoziativ, schnell, bewegt. Vermeidet trotz Inhaltslosigkeit Langeweile. … … vlg. Teresa Präauer Kochen im falschen Jahrhundert (dort auch mit Zeittwist); Sebastian Hotz Mindset; und Caroline Wahl 22 Bahnen. --> 4 Sterne
"Hey guten Morgen, wie geht es dir?" is all about contrasts. Everyday life and its little banalities are presented on the plot level, but these are contrasted on the one hand by the mythological names of the characters with a level of meaningfulness and duration, and on the other hand the gaze is repeatedly directed towards space: the constellations, the nothingness of the earth from the perspective of astronauts and the subliminal threat from other celestial bodies - symbolized by the planet "Melancholia" from Lars von Trier's film of the same name. From one moment to the next, all our supposed worries could be erased - and we with them. The microcosm of each individual loses significance in the face of the macrocosm.
But it is also about the contrast between youth and age and how the boundary is blurred again and again (compare Juno's tattoos, the firmness of her skin, Madonna's facelift) or is drawn because of its focussing. It's about illness and emptiness, theater and dancing.
But above all, it is about the complementary relationship between (African) love scammers and their (European or white) victims and how this relationship is reversed, with the scales sometimes tipping in one direction and then the other. Who is ultimately the one being exploited? It is about rapprochement, mistrust and hope. This draws a line to the old colonial powers and their legacy, and here too the focus is directed towards a larger dimension. Of course, all of this only happens very superficially - the novel offers food for thought rather than solutions, remains sketchy time and again and only goes into depth with the help of banal poetic allusions.
The language fits into this picture. The casual contemporary jargon is ironically broken up by laconic anti-phrases, especially in the WhatsApp messages. It is a novel for quick consumption, but there are still a number of fragments that linger.
You can think what you like about the awarding of the German Book Prize: in terms of themes, Hefter hits the mark. Nevertheless, her novel seems like David against Goliath next to Meyer's "Die Projektoren". Although there are overlaps: the Nosferatu spider and the consumption of Slivovitz. Whatever that means. Possibly as much and as little as the end of Hefter's novel.
Das Buch hat mich vollkommen überzeugt, irgendwann schreibe ich noch mehr dazu. Bis dahin kann ich Euch, falls Euch das Buch interessiert, Fabians hervorragende Rezension empfehlen, die ich gerade entdeckt habe.
Jetzt lese ich es zum zweiten Mal. Hatte es ja noch vor der Buchpreisverleihung für mich entdeckt und genieße es gerade, es einem Angehörigen in Ruhe vorzulesen. Sind am vorletzten Tag des Jahres 2024 bei 35 %.
Love-Scamming, Multiple Sklerose, Schlaflosigkeit, Freundschaft, Liebe, Feminismus, Kolonialismus, Astrologie, Filmkritik zu Lars von Triers "Melancholia", Theaterindustrie, Coming-of-Age, Hunde, Tattoos. Das hier ist ein Buch über einfach alles und am Ende weiß ich immer noch nicht, worüber genau ich hier ein Buch gelesen haben soll. Es werden so viele Fässer aufgemacht und keines davon befüllt. Ich habe mich ein bisschen so gefühlt, als hätte ich paar Wochen am Stück Quizduell gespielt, nichts ist hängen geblieben. Für mich war das alles so oberflächlich abgearbeitet. Als die Erzählstimme über das erste Mal ihrer Hauptfigur Juno spricht, heißt es:
"Hier oben hatten sie miteinander geschlafen, für beide war's das erste Mal, es war ein bisschen kompliziert gewesen auf den schaukelnden Brettern."
Punkt. Thema beendet. Ich fand es ehrlich gesagt ein bisschen amüsant, mit wie viel Bedeutung dieses Nichts aufgeladen wurde. Konnte dem Roman auch überhaupt nicht böse sein, fand ihn ganz gelungen komponiert, liest sich gut weg. Die Sprache war so beliebig für mich, würde das als unkonzentriert und geschwätzig bezeichnen. Es gibt hier und da Momente, in denen Spannung aufkommt. Die Beziehung zu Benu zum Beispiel, die wie der gesamte Roman im Sande verläuft, ohne dass die durchaus interessanten Fragen, die aufgeworfen werden (ist das jetzt noch Love-Scamming? Oder Freundschaft? Oder Liebe? ) je beantwortet würden. Nicht mal der Versuch wird unternommen.
"Bereits Ende April. Die Zeit gar kein Strahl, sondern mehr so etwas wie eine Suppe. Nur die Tatsache, dass wir dem Tod näher kommen, ragt immer in jede Handlung, in jedes Geschehnis hinein. Egal, was man gerade macht, die Blumen gießt, ein Brot isst, tut man das auf dem Weg zum Sterben. Dieser Vorgang heißt Altern. Man altert ab der Geburt."
Keine Ahnung, ich finde sowas irgendwie richtig dusselig. So klingt dieses Buch für mich, so sieht es auch aus. Habe die Satzformatierungen aus dem Roman übernommen. Alles schreit einen an, das ist Literatur, das ist bedeutsam, aber ich habe kaum etwas darin gefunden.
Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wie dieses Buch den Deutschen Buchpreis erhalten konnte. Alles in diesem Werk kann man zusammenfassen als „gewollt und nicht gekonnt“. Es geht schon bei den unrealistischen Charakterenamen los: Juno und Jupiter um die 50, die in Leipzig wohnen. Die Prämisse dieses Buches ist es, dass sich die Protagonistin auf einen Love-Scammer einlässt — aber vor allem fühle ICH mich gescammt. Diese 6 Stunden bekomme ich nie wieder zurück.
Diese Geschichte hatte so viel Potential (Scammer, Beziehung zu einem pflegebedürftigen Ehemann, exzentrischer Lebensstil), war aber im Endeffekt eine riesige Enttäuschung. Wenn man nicht schon im Klappentext erfahren würde, dass Jupiter der Ehemann sein soll, dann würde kaum etwas im Buch darauf hinweisen. Die beiden Figuren wirken wie Mitbewohner, aber auch das wird nicht weiter vertieft. Ihre zwischenmenschliche Beziehung wird kaum thematisiert, obwohl sie der interessanteste Aspekt in dieser Storyline ist. Auch wird nicht näher darauf eingegangen, wie sich der verschlechterte Gesundheitszustand Jupiters über die Jahre auf die Beziehung ausgewirkt hat. Aus der Perspektive von ihm wäre hier sicher vieles spannender gewesen. Wollte die Autorin uns ernsthaft verklickern, dass der Ehemann monatelang nichts von der emotionalen Affäre (?) mitbekommen hat? Dass es nie eine einzige Konfrontation gab? Oder zumindest einen Moment der Zärtlichkeit zwischen diesen beiden Figuren?
Stattdessen gibt es seitenlange Ausschweifungen zu Hexenpraktiken, Astronomie und irgendwelchen Tattoos, die sich Juno stechen lässt. Die Autorin besitzt die selben Tattoos wie ihre Romanfigur — und auch sonst scheint diese Geschichte eine autobiografische zu sein. Dieser Text hätte ein komprimierter Blogeintrag sein können. Meine einzige Erkenntnis aus diesem Buch ist, dass einige Menschen auch im Alter von 50 noch damit angeben, wie schlank und crazyyyy 😜😜😜😜 sie sind.
Am Tag, nachdem der Deutsche Buchpreis verliehen wurde, habe ich mit meinem Opa telefoniert, er meldete sich mit "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" und musste selbst hörbar schmunzeln, hat mir damit eine Freude gemacht, auch wenn ich Martina Hefters Roman zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelesen hatte.
In "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" geht es um die über 50-jährige Juno, eine Tänzerin und Künstlerin, die zu Hause in Leipzig ihren schwer kranken Mann Jupiter pflegt, an Insomnia leidet und sich Nachts in virtuelle Welten begibt. Sie chattet mit Love-Scammern, also Internetbetrügern, die ihren Opfern Verliebtheit vorgaukeln, um sich finanzielle Zuwendungen zu erschleichen. Juno durchschaut dieses System, sie kehrt es aber um und lügt ihre Chatpartner selbst an. Bis sie im Internet auf Benu trifft, mit dem sich eine längere Chatbeziehung entwickelt.
Martina Hefters Roman hat für mich zwei Seiten: Er ist zum einen irgendwie etwas unnahbar, wenn es um Junos seltsame Obsession zu dem Film "Melancholia" geht, den ich nicht gesehen habe, um die bloße Nennung von Buchtiteln über Rassismus und Kolonialismus oder um ihr Schaffen als Künstlerin. Dann wiederum erwischt er mich eiskalt, wenn Juno im Konsum weinend zusammen bricht, weil sie sich mit ihrem Gehalt als Kunstschaffende kaum die täglichen Lebensmittel leisten kann oder extrem wütend wird, weil die Einstiegshilfe für ihren im Rollstuhl sitzenden Mann trotz vorheriger Buchung am Bahnhof nicht vorhanden ist. Genau diese kleinen, sehr berührenden Momente im Buch sind bei mir hängen geblieben, in denen Martina Hefter Themen wie die prekäre Lebenssituation von Künstler*innen, Pflege von Angehörigen und Altersdiskriminierung innerhalb von gelebten Situationen anspricht. Das Love Scamming und die Dreiecksgeschichte werden dabei für mich eher nebensächlich. Ich habe "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" gerne gelesen, Juno ist eine Protagonistin so schillernd wie der glitzernde Einband der Büchergilde-Ausgabe.
Irgendwie verstehe ich nicht so richtig, was mir dieses Buch erzählen wollte? Fünfzig gefühlte Themen aufgemacht, jedes nur tangiert, mal mehr mal weniger, keines zu Ende gebracht. Mh, mit langem h.
Wir folgen in dem Buch für einige Monate der Performancekünstlerin Juno, die ihren schwer kranken Ehemann Jupiter pflegt und gerne Internet Lovescammer an der Nase herumführt. Einer von ihnen ist Benu, der ihr auch nachdem sie ihn konfrontiert hat, weiter Nachrichten schreibt und möglicherweise tatsächlich ein Freund sein möchte.
Irritierend fand ich zunächst die Namen der Protagonisten und dachte zuerst, sie bezieht sich auf Astrologie und unser Sonnensystem oder ähnliches. Aber Google hat mich dann schlauer gemacht. Juno ist in der römischen Mythologie die Göttin unter anderem der Fürsorge und ihr Mann ist der römische Gott Jupiter. Macht Sinn. Benu ist in der ägyptischen Mythologie ein Totengott, der in Form eines Vogels verehrt wird, der immer wieder eine verjüngende Wiedergeburt durchlebt. Macht doch auch durchaus Sinn, Benu im Roman erfindet sich bei seinen Internetbetrugsmaschen ja auch immer neu und verjüngt sich in seinen Lügen wenn nötig.
Das Buch war für mich eine gute Wahl, ich habe es mit Freude zügig weg gelesen und mochte besonders alles zeitgeistige darin. Vieles wird in Form von Textnachrichten erzählt, was für die Geschichte absolut sinnig war und sich realistisch anfühlte. Bis auf Juno bleiben alle Charaktere sehr blass. Es wird aus ihrer Perspektive erzählt und ihre Gedanken und Eindrücke stehen im Mittelpunkt des Romans. Was in Junos Kopf und Textnachrichten so los war hat mir alles gut gefallen und mich gut unterhalten.
Allerdings verläuft die Geschichte sich am Ende sehr ins Leere, was ein wenig enttäuschend war. Keine Pointe, kein starkes Ende, leider. Deshalb keine Bestbewertung von mir.
ich glaube „hey guten morgen, wie geht es dir?“ ist ein roman, den man noch etwas auf sich wirken lassen und sich mit anderen menschen über die zentralen themen & den schreibstil austauschen muss, um das volle potenzial des buches zu verstehen und eine ernsthafte review verfassen zu können.
kurz zu meiner meinung: mir hat in der hälfte (oder auch am ende) ein pageturner/höhepunkt gefehlt, der die geschichte nochmal auffahren lässt. den stil des buches mochte ich aber sehr.
ich würde es eher empfehlen, wenn man anspruchsvolle literatur lesen möchte, die neue (und bisher noch nicht viel besprochene) themen entdecken möchte
Eine Thema das aktueller nicht sein könnte: Love-Scamming. Martina Hefter erzählt in ihrem neuen Buch „Hey, Guten Morgen wie geht es dir?“ von modernen Heiratsschwindlern und ihren Opfern. Was man sich automatisch fragt, ist, was es bloß sein mag, dass Frauen scharenweise in die Netze solcher Schwindler treibt, hinter denen sich meistens keine weißen Mittelschichtler aus Europa verbergen, sondern arme schwarze Männer aus Afrika.
Alle drei Figuren des Romans tragen Götternamen. Juno a la Isabella Flock ist eine Leipziger Tänzerin in ihren Fünfzigern, die mit einem Mann zusammenlebt, der an einer schweren Form von Multipler Sklerose erkrankt ist, Jupiter. Sie flüchtet sich immer wieder in den Tanzsaal, um dort Schwerelosigkeit zu erleben.
Aus Langeweile und Schlaflosigkeit chattet Juno nachts mit Männern. Mit so genannten „Love Scammern“: es handelt sich dabei meist um afrikanische Männer, die einsamen Europäerinnen erst Liebesschwüre schicken und sie dann nach Geld fragen.
Juno ist sich dessen bewusst und dreht den Spieß um, kokettiert mit Falschinformationen bezüglich ihrer Biographie und spielt mit den Männern aus fernen Ländern. Denn Ablenkung hat sie dringend nötig - in der Realität liegt nämlich ihr schwerkranker Mann Jupiter im Hinterzimmer.
Der Nigerianer Benu chattet sie eines Abends an und es entwickelt sich ein unerwartet ehrliches Gespräch. Die beiden kommen sich online näher, fassen Vertrauen zueinander und es entsteht ein echtes Interesse am anderen. Doch bleibt die Wahrheit ein unsicheres Gefilde. Juno ist für Benu eine begehrenswerte Frau mit vielen Liebhabern, ohne Ehemann, zeitgleich eine erfolgreiche Tänzerin in ihren besten Jahren, sprich: eine Frau zum Verlieben! Wohingegen Benu weitaus ehrlicher ihr gegenüber ist.
Was wird nun aus den beiden?? Werden sie gegenseitig ihre wahre Identität preisgeben? Kann eine Beziehung auf solch einer Basis Bestand haben? Im Buch findet ihr die Antworten und die sind überraschender, als ihr vielleicht gerade denken mögt.
„Hey, Guten Morgen wie geht es dir?“ ist eine Geschichte wie aus dem Leben gegriffen. Martina Hefter beherrscht die Kunst, authentisch und genau zu erzählen. Sprachlich hält das Buch viele Konversationen mit Themen der Alltagsrealität im typischen Stil unserer heutigen Messages für uns bereit. Die mythologischen Götterwesen sind nur den Namen nach präsent, da hätte ich mir mehr Bezug zu den Persönlichkeiten gewünscht und ein Psychogramm ebensolcher mit Psychologisierung und tieferer Reflexion.
Dennoch sind das Kritikpunkte auf einem absolut hohen Niveau, denn der Roman gehört zu den thematisch spannendsten Büchern, die ich in diesem Jahr bisher gelesen habe. Die Autorin schafft es einen Bogen zu schlagen von Love-Scamming, Mental Health, Feminismus, Sexismus, Rassismus, Kolonialismus, dem Altern in Würde, Pflege von einem schwerkranken Partner hin zu dem Präkariat von Künstler*innen. Eine große thematische Bandbreite, der ein paar mehr Seiten gut getan hätten um der Komplexität der einzelnen Themen gerecht zu werden. „Hey, Guten Morgen wie geht es dir?“ ist ein Buch mit Sogwirkung, das mich in seine Realität gezogen, aber den Vorhang nie ganz geöffnet hat. Wenn man sich darauf einlässt, kann man viel daraus mitnehmen. Ich drücke die Daumen für die Autorin, dass sie mit diesem Werk auf der Shortlist landet!
Ich glaube, ich habe bisher erst ein Gewinnerbuch des Deutschen Buchpreises gelesen (das RAF-Buch, wer sich erinnert), was ich damals überhaupt nicht geblickt und mich infolgedessen eher von Gegenwartsliteratur ferngehalten habe. Mit entsprechend gemischten Gefühlen, aber auch vorfreudiger Erwartung bin ich dann an diesen Roman herangegangen und war überrascht davon, wie kurzweilig er ist.
Die Handlung wirkt trivial, verbindet aber bei genauerer Betrachtung verschiedene Probleme und Themen der modernen Gesellschaft. Social Media, Behinderung und Barrierefreiheit, deutsche Kolonialgeschichte und das Altern sind nur einige der Motive, die miteinander in den Zusammenhang gesetzt werden. Das Buch hat mir vor allem gezeigt, wie peinlich wenig ich über Nigeria und seine politische/gesellschaftliche Ordnung oder überhaupt irgendetwas dort weiß. Von daher bin ich der Autorin sehr dankbar für diesen Blick über den Tellerrand, den ich gemeinsam mit ihrer Protagonistin werfen durfte.
Insgesamt glaube ich aber nicht, dass die Lektüre besonders nachhaltig in mir nachhallen wird. Mit Juno als zentral handelnder Person bin ich bis zum Schluss nicht richtig warm geworden, auch wenn ich mich oft dabei ertappt habe, ähnliche Gedanken oder Situationen wie sie erlebt zu haben. Ich erwarte natürlich auch nicht, dass Hauptcharaktere gute Menschen sein müssen, gerade die Graustufen machen sie ja interessant. Sie ist auch kein schlechter Mensch, nur für mich ein wenig zu...eigenwillig, vielleicht? Zum Schluss saß ich da und wusste nicht so recht, was mir der Roman jetzt eigentlich sagen wollte. Außer, dass man seine Privilegien und Vorurteile hinterfragen und generell mehr Empathie an den Tag legen sollte.
Ich war allerdings überrascht und erfreut davon, dass das Buch in Leipzig spielt. Die Handlungsorte bildlich vor Augen zu haben und selbst schon in den Ecken und Geschäften gewesen zu sein, in denen auch die Protagonistin sich aufhält, ist ein ganz besonderes Gefühl, ohne das ich mich wesentlich weniger gut in die Geschichte hätte hineinfühlen können.
??? Ich hätte einiges darauf gewettet, dass mir dieses Buch sehr viel besser gefällt. Ich habe es gerne gelesen und hatte auch Spaß. Im Nachhinein war es mir aber von allem zu wenig. Es gab nichts zum Festhalten, alles lose, glitschige Enden. Vielleicht habe ich es aber auch einfach nicht verstanden.
Kurzmeinung: Die Story bleibt irgendwie stecken. Sie hätte unbedingt einen Höhepunkt gebraucht. NICHT AUSERZÄHLT Die Protagonistin trägt den Namen Juno Isabella Flock. Ob Juno ein reiner Künstlername ist, ist nicht so recht ersichtlich. Aufgrund des Alters der Prota, so um die Fünfzig, kann es sich nur um einen Künstlernamen handeln, da derartige Namen in Deutschland nicht erlaubt gewesen sind. Juno ist von Beruf Performancerin, im weitesten Sinne Künstlerin und Tänzerin, aber nun ist sie aus privaten Gründen meistens zu Hause, denn ihr Ehemann, Jupiter, sicherlich auch ein Kosename, hat MS und befindet sich in einem Stadium der Krankheit, das Pflegebedarf erfordert. Mitten im aufreibenden Kümmern gönnt sich Juno eine auf den ersten Blick sinnlose, aber harmlose Ablenkung, sie reagiert auf die Anschreiben einiger sogenannter Lovescammer. Juno ist durchaus aufgeklärt und weiß, dass alles, was die afrikanischen jungen Männer anhand von gefakten Internet-Profilen älteren Frauen versprechen, eine Luftnummer ist. Aber es macht ihr Spaß, sich Komplimente machen zu lassen, anonyme Kontakte zu haben und die jungen Männer vor den Kopf zu stoßen, indem sie sie mit der Wahrheit konfrontiert. Von diesem Spiel kann sie nie genug bekommen, bis sie bei einem dieser Typen hängenbleibt.
Der Kommentar und das Leseerlebnis: Die Geschichte kommt leichtfüßig und leicht verständlich daher. Mit der Zeit bekommt man einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt und das Leben von Juno. Dieses Leben ist anstrengend. Jede Auszeit ist ihr zu gönnen. Die Lovescammer-Story ist zeitgemäß und weckt zunächst Interesse. Was, wenn Benu herausfindet, wo Juno lebt und sie aufsucht? Oder gelingt es Benu, doch irgendwie an Junos Geldbeutel zu kommen, obwohl sie alles über Lovescamming weiß? Aber so eine Geschichte ist das nicht. Sie heischt nicht nach Aufmerksamkeit. Sie bleibt leise. Zu leise. Schließlich fragt man sich, wo die Geschichte mit der Leserin eigentlich hinwill und findet keine Antwort. Es gibt keine Entwicklung, keinen Clou, keinen Höhepunkt. Sie versandet. Wie schade, da durchaus einige Themen angerissen werden, die weiter zu verfolgen interessant gewesen wäre, zum Beispiel perspektivloses Altern an der Seite eines unheilbar Kranken, unterdrückte Wünsche und unterdrücktes Leben. Auch die Revolutionen im Kleinen, von seiten Junos der Austausch mit Benu – von Benu und seinen „Kollegen“ das Aufbegehren gegen vermeintlich geringe Lebenschancen durch betrügerisches Agieren und Ausbeutung weißer "Damen", werden nicht tiefenbeleuchtet. Deshalb kommt keinerlei Spannung auf während der Lektüre.
Fazit: Eine gute Idee, die mit zu wenig Esprit unterfüttert wurde, um mich wirklich fesseln und berühren zu können.
Kategorie: Anspruchsvoller Roman Sieger, Deutscher Buchpreis, 2024 Verlag: Klett Cotta, 2024
War leider nicht mein Buch. Die Protagonistin in Ihrer Midlife-Crisis und Ihrer unreflektierten Art hat mich einfach nur genervt. Insbesondere die Passagen die gefühlt komplett aus dem Zusammenhang gerissen waren, fand ich sehr mühselig. Jetzt am Ende frage ich mich immer noch, was das Buch mir eigentlich sagen wollte. Ich weiß es nicht, und will es auch nicht mehr wissen.
Hmm ja also insgesamt würd ich sagen ein bisschen egal das ganze. War ganz nett geschrieben und die ganze Love-Scammer-story ist schon interessant aber letztendlich wars das dann auch mehr oder weniger. Hatte mir mehr erhofft nachdem ich den Klappentext gelesen hab.
Ochjoa, das war gefällig wegzulesen. Sehr in der aktuellen Zeit angesiedelt, sehr in der Realität der Protagonistin Juno, die über 50 ist und sich zwischen den Anforderungen eines realen Lebens mit krankem Partner, dem "nichtswollenden" digitalen Austausch mit einem weit entfernten Mann und dem idealisierten Wunsch-Bühnen-Ich, der tanzenden Performerin aufreibt. Zwischendurch immer wieder ein Sitzen und Weinen, nur kurz, ohne Auswirkung und schnell wieder hinweggewischt. Dieses Aufreiben zwischen verschiedenen Seins-Ebenen dürfte Juno mit vielen Leserinnen teilen: Die real-praktisch-sozialen Erfordernisse (Mann pflegen, einkaufen, Geld verdienen, Miete zahlen, usw.) versus die trügerische digitaler Nähe, die in Wahrheit auf maximaler Distanz basiert versus Sehnsucht-Ich am Sehnsuchtsort. Aber weiter? Nichts weiter. Es geht einfach nicht tiefer. Es kratzt an allen Stellen nur an der Oberfläche, sei es in Fragen der Sterblichkeit, der Armut, des Love-Scammings, der Heimat, der Bösartigkeit mancher Menschen, der Beziehung zu Tieren. So ein dünnes Buch, obwohl durch den Schriftsatz in Chats und mit vielen Kapitelwechseln noch aufgebläht, es behauptet so viel zu wollen und so besonders zu sein. Aber es bedient sich einfach an gefundenen Versatzstücken: an Sternbildern, am genialen Film Melancholia in nahezu ausbeuterischer Weise, an Chatverläufen, an Gif-Beschreibungen, an Tattoo-Beschreibungen. Es bleibt wenig Eigenes, und ich kann den Buchpreis nicht nachvollziehen. Selbst das Label Roman scheint mir sehr fragwürdig. Insgesamt wichtigtuerisch, aber flach.
Wir blicken in den Alltag von Juno, welche sich um ihren pflegebedürftigen Mann Jupiter kümmert, tanzt, schauspielert und sich nachts ganz gerne mit Love-Scammern unterhält. Die direkten Konversationen mit den Love-Scammern finde ich amüsant. Mit einem Mann aus Nigeria werden die Nachrichten dann ausführlicher, irgendwann folgen Videoanrufe und ich denke mir nur, wehe du sendest dem nun auch noch Geld. Alles in allem eine interessante Grundidee, die leider im eigenen Konzept versandet.
Die Tänzerin Juno lebt in Leipzig zusammen mit ihrem Mann. Dieser, Jupiter, ist schwer krank und braucht Junos Unterstützung. Das Geld ist knapp und der Zerstreuung wenig. Juno kann nicht gut schlafen. Also hängt sie spät abends oft am Computer und scrollt so vor sich hin. Immer häufiger stößt sie auf Love-Scammer und zum Glück kennt sie die Mache und das Wort. Sie wird auf keinen von ihnen hereinfallen. Ein wenig dreht Juno den Spieß um und lügt was das Zeug hält bis sie blockiert wird. Bis da einer ist, der nett antwortet, dem sie ein wenig von der Wahrheit erzählt.
Möchte man in Junos Haut stecken? Sie ist nicht mehr ganz jung, aber Tänzerinnen müssen ihren Körper fit halten und so bekommt sie hin und wieder Auftritte. Jupiter ist Autor, aber krank. Manchmal müssen sie vom Pflegegeld leben, doch machmal gibt es einen unerwarteten Geldsegen. Dann wieder flüchtet Juno für ein paar Tage in ihr Elternhaus, um mal rauszukommen, um das Schlafen wieder zu lernen. Ihr und Jupiter geht es nicht schlecht, es könnte nur einfacher sein. Da sind die Nachrichten, die sie mit dem Unbekannten austauscht wie eine Insel.
Auf der Shortlist der Nominierungen für den Deutschen Buchpreis ist dieses Buch zu finden. Und genau darüber hat man selbst es auch gefunden, sonst wäre es leicht zu übersehen gewesen. Doch dieser kleine Roman besticht mit seiner Leichtigkeit, in der doch einiges an Tiefgang verborgen ist. Vor Love-Scammern wird gewarnt, die Schicksale einiger Frauen, von denen Juno erfährt, sind mitunter herzzerreißend. Schön, wenn es mal eine einen Scam mit den Scammern wagt. Und doch handelt Juno auch aus einer Not heraus. Obwohl sie und Jupiter sich einander zugetan sind, leben sie doch nebeneinander her. Da bekommt der Nachrichtenaustausch etwas von einem Ersatz und auch etwas Bittersüßes. Man möchte sie wie Juno auf den Boden legen und die Decke betrachten. Ein Roman, der richtig auf der Shortlist tanzt.
Ich weiß nicht, ob ich hier ein preiswürdiges Werk las. Ich weiß aber, dass ich es sehr mochte. Ich mochte, dass Juno, trotzdem sie ihre Beziehung mit ihrem pflegebedürftigen Partner nicht in Frage stellt, sich erlaubt, Freiräume zu finden, um nicht in den Umständen gefangen zu sein. Die "Begegnungen" mit Beno, dem ehemaligen Scammer, haben mich irgendwie gerührt. Ich wünschte mir ein Happy End, das aber nicht kommen kann. Und das ist dann auch ok so.
Endlich mal ein Roman mit einem neuen Thema und einem dazu passenden Stil. Juno, Tänzerin, Hauptfigur, in einem Chat mit Benu, Nigeria, Beruf: Love-Scammer. Das sind, wie ich lerne, die, die westlichen einsamen Frauen durch die Chatmasche Geld aus der Tasche ziehen. Juno versteht es, spielerisch mit Benu umzugehen und damit eventuell eine echte Beziehung aufzubauen, das bleibt in der Schwebe. Nebenbei läuft das „normale“ Leben einer freiberuflichlichen Performerin und Tänzerin mit Proben, Ansuchen schreiben, Auftritten, ein wenig Erfolg schleicht sich ein. Ebenso bei dem Mann, mit dem sie zusammenlebt, dem wohl MS kranken Schriftsteller Jupiter. Hier hat sie Care-Aufgaben. Und dann erfährt man noch über Tatoo-Kultur, wie die einzelnen Motive entstehen und sich Leben so auf einem Körper einschreibt. Toller Roman, ich sehe ihn im Favoritenkreis um den Deutschen Buchpreis 2024.
leicht, witzig und neu. love-scamming und der wunsch nach beziehung. hefter schafft eine figur die ihr sehr ähnlich wirkt und überzeugt. mit gedankenschweren sätze, melancholie und trotzdem biss. dadurch liest sich sie erzählung leicht und bleibt zugleich interessant. kein strotzen von spannung oder polemischen momenten. den lesenden wird ein kurzer einblick in das leben der protagonistin geboten. mit schweren themen wie einsamkeit, die krankheit ihres mannes, geldsorgen oder traurigkeit und weltschmerz die mal latent mal sehr vordergründig gelingt in meiner rezeption die resonanz. dadurch schafft das buch mit wenigem eine angenehme und ungezwungene tiefe.
Hmmm… ganz schwierig. Juno Isabella Flock kriegt von mir 2 Sterne.
Tagsüber arbeitet sie als freischaffende Performance Künstlerin und pflegt ihren Mann Jupiter, der mit den zunehmenden Folgen seiner MS-Erkrankung zu kämpfen hat. Nachts spricht sie mit Benu, der in Nigeria wohnt.
Juno’s Mann scheint nur in finanziell entscheidenden oder (aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen) belastenden Situationen relevant zu sein. Die Protagonistin selbst ist festgefahren in ihren Mustern und bedient sich gerne sämtlichen Klischees und Vorurteilen. Benu scheint nichts weiter als ein Gegenpol zu Juno zu sein, eine Möglichkeit sich weniger schlecht in der eigenen Haut zu fühlen. Sich an Benus Leid und Armut zu ergötzen ist auch viel einfacher, als sich mit dem eigenen Versagen auseinanderzusetzen.
Die Botschaft, die Martina Helfer mit ihrem Roman vermitteln möchte, ist mir unklar und genau wegen dieser Unsicherheit gibt es nur zwei Sterne von mir. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich bei diesem Roman um eine Parodie unserer Gesellschaft handelt, die oftmals einen schlauen Gedanken hat (wie Juno z.B. den Gedankenblitz, dass Afrika ja gar kein Land ist) und dann all das institutionell gefestigte Gedankengut bezüglich Rassismus, Sexismus und co für aufgearbeitet hält und meint, sich jetzt plötzlich ihrer weissen Privilegien bewusst zu sein. Oder ob Martina Helfer Juno’s Gedanken (wie z.B. dass es vielleicht doch Untreue ist, jeden Abend mit Benu zu sprechen und es dem Ehemann nicht zu erzählen“) als wahrlich „woke“ und „reflektiert“ hinstellen möchte.
Es ist ein Text, der vor weissen Privilegien nur so strotzt, aber keine Aufklärungsarbeit leistet oder tatsächliche Auseinandersetzung damit in Angriff nimmt. Als Kritik an unserer Gesellschaft ist es schlicht nicht genug.
Allerdings hat mich Juno Isabella Flock’s Geschichte daran erinnert, wie wichtig es ist, dass ich mich mit Rassismus, Sexismus und Klassendenken auseinandersetze…. in der Hoffnung zu vermeiden, wie die Protagonistin zu werden.
Die zwei Sterne gibt es also für ⁃ wichtige Reminder ⁃ Sprachlich starke erste 30 Seiten ⁃ Und weil ich mir nun doch diverse wichtige Fragen stelle, auch wenn mir die Absicht der Autorin nicht ganz klar ist.
Titel, Cover und natürlich die Auszeichnung mit dem Buchpreis haben mich neugierig gemacht. Ich finde, das Thema hat unglaubliches Potenzial, aber irgendwie hat mir der Knall gefehlt. Es gab keine Zuspitzung, keine überraschende Wendung, keinen Höhepunkt. Die beschriebene, grundsätzlich spannende Situation ist nicht eskaliert und wurde demnach auch nicht aufgelöst. Die Geschichte nimmt immer wieder Abzweigungen in unterschiedliche Themen, bleibt da aber oberflächlich. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass es sich um einen sehr persönlichen Text handelt, in dem die Autorin ihre eigenen Themen behandelt – für mein Empfinden leider auf Kosten der eigentlichen Story.
Es passiert nicht wirklich viel in diesem Roman, aber es steckt eine erstaunliche Tiefe in ihm. Themen wie chronische Krankheit, die Pflege von Angehörigen, das Leben als freischaffende Künstler*innen, das Älterwerden, Liebe, Einsamkeit, Rassismus sowie Privilegien werden etwa behandelt. All dies durch eine sehr erfrischende Erzählweise. Für mich äußerst gelungen👏🏽.
1,5 Sterne, allerdings runde ich ab weil mich die Referenzen zu Melancholia, einen Film, den ich eigentlich mag, so genervt haben, dass ich es am Ende nur noch uneträglich fand.
Ich würde der Autorin dennoch eine 2. Chance mit einem anderen Titel geben.
Das Buch liest sich sehr gut weg, hat trotzdem immer mal wieder überraschende ernstere oder philosophische Anklänge und ich liebe die Leipzig-Repräsentation. Ich sehe das Thema Love-Scamming gar nicht als Hauptmotiv des Buches, es ist eine von vielen Facetten der Lebensrealität von Juno. Interessanter finde ich da die liebevolle und sich verändernde Beziehung zu ihrem schwerkranken Mann oder das unsichere Leben als Künstler*in. Ich weiß nicht, wie viel wirklich bei mir hängen bleiben wird, aber ich bin glücklich, durch seine Auszeichnung auf dieses Buch aufmerksam geworden zu sein.
Tagsüber pflegt Juno ihren schwerkranken Mann. Nachts schreibt sie mit Love-Scammern im Internet. Klingt schräg? Ist es auch – und dabei so schön geschrieben, dass man fast vergisst, wie traurig das alles ist. Stilistisch top, sprachlich elegant, manchmal hätte ich mir nur ein bisschen mehr Story-Druck gewünscht. Trotzdem: ein leises, leichtfüßiges Buch über schwere Themen.