Fatma Bahar Aydemir (* 1986 in Karlsruhe) ist eine deutsche Journalistin und Schriftstellerin. Fatma Aydemir wuchs in einem Vorort von Karlsruhe auf. Ihre Großeltern kamen als kurdisch-türkische Gastarbeiter nach Deutschland, als ihre Eltern Teenager waren. Sie studierte Germanistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main. Seit 2012 lebt Aydemir in Berlin und arbeitete bis 2023 als Redakteurin bei der Tageszeitung taz, wo sie sich mit den Themen Popkultur, Literatur und der Türkei beschäftigte. Ihr 2017 erschienener Debütroman Ellbogen, der von einer Gewalteskalation in einer U-Bahn-Station handelt, spaltete die Kritik. Aydemirs 2022 erschienener zweiter Roman Dschinns lobte die Literaturkritikerin Meike Feßmann als „ein Wunderwerk an Präzision und Einfühlung.“ In der ZEIT kritisierte Iris Radisch dagegen, das Buch sei in einem „stereotypen, politaktivistischen Jargon“ geschrieben; „Literatur, auch überzeugende engagierte Literatur, die immer einen Sinn für die Form und die gesellschaftliche Dialektik hat, klingt anders“.
Hab mir das fabelhafte Stück für den Urlaub besorgt. Und halt dein maul! Ich will das jeglicher Klassiker eine Variante wie diese erhält damit ich nie mehr aufhören muss zu lesen.
Eine Mischung aus Witz und kritischem Blick, das Ausloten von Grenzen und das verhandeln der Beteiligten in großartiger Darstellung.
Fatma Aydemir ist eine Autorin, die die meisten für ihren wohl bekanntesten Roman "Dschinns" kennen und nun eine moderne Version von Goethes Klassiker "Faust. Der Tragödie erster Teil" geschrieben hat. Es geht um eine Professorin namens Faust, die bereits ihr gesamtes Leben den Gender Studies gewidmet hat und zur Zielscheibe von rechten Angriffen wird, weshalb sie nicht länger in ihrem Institut arbeiten darf. Sofort taucht Mephistopheles auf und sie besiegelt genau solch einen Pakt mit ihm wie Faust und Mephistopheles in Goethes Klassiker. Wie auch im Klassiker wird Fausts sexuelle Begierde durch eine andere, jüngere Person geweckt, die hier von Karim verkörpert wird. Karim möchte bei ihr promovieren und braucht sie als Doktormutter, um in Deutschland bleiben zu dürfen. Und so entsteht ein Machtgefälle, das das Leben beider Personen verändern wird. Diese moderne Umsetzung des Klassikers, den ich gern gelesen habe, hat mich sofort überzeugt. Man erkennt beim Lesen so viele Parallelen aber dennoch so viele eindeutige Unterschiede. Auf der Buchrückseite steht der Satz "Gott, ich hoffe bloß, mir wird hier nicht wieder Rape Culture als Geniestreich verkauft.", was den Inhalt sehr gut auf den Punkt bringt. Es wird sich vorallem kritisch mit dem Klassiker auseinandergesetzt. Der Missbrauch von Macht steht dabei eindeutig im Vordergrund. Im Klassiker ist dieser Missbrauch eindeutig zu erkennen: Ein alter Mann manipuliert ein junges Mädchen, um seine sexuellen Begierden zu stillen. Hier jedoch ist die Grenze nicht ganz so eindeutig. Es geht vorallem darum, dass Faust von Anfang an Karim begehrt hat, Karim jedoch unbedingt Faust als Doktormutter braucht, damit nicht sein gesamtes Leben zusammenbricht. Obwohl Faust ihre Begierde direkt kommuniziert, muss Karim bei ihr bleiben, auch wenn er homosexuell ist und kein Interesse an Faust hat. Faust geht jedoch immer weiter und möchte ihm langsam ihre Begierde aufzwingen. Er steht jedoch nicht in der Position, klar Nein sagen zu können und findet sich so in einer übergriffigen Situation wieder. Es wird eine komplexe Machtstruktur thematisiert, in der eine Person sexuelles Begierde empfindet und die andere nicht. Zudem geht es um die Grenze zwischen Verführung, dem Spiel des Immer-Weiter-Gehens, und Missbrauch, die sehr dünn sein kann, wenn nicht beide Personen der Beziehung die Möglichkeit haben, klar kommunizieren zu können. Aus all diesen Gründen hat mir dieses Theaterstück schon fast besser gefallen als der Klassiker.
das Konzept an sich hat mich sehr begeistert, aber irgendwie war ich beim lesen enttäuscht. vielleicht raff ich es auch nicht? irgendwie ist es machtkritisch aber irgendwie fühlt es sich an Stellen auch verharmlosend an. bin verwirrt
"Gott, ich hoffe bloß, mir wird hier nicht wieder Rape Culture als Geniestreich verkauft" steht auf dem klappentext des dramas und ruft die fiktionale theaterdirektorin der dichterin im prolog noch zu. während ich ein feministisches stück erwartet habe, das machtkritisch faust neuinterpretiert, musste ich feststellen, dass der klappentext eigentlich schon alles erzählt. immer wieder wird von graustufen zwischen verführung und vergewaltigung gesprochen. ich kann aber keine graustufen erkennen: hier nutzt eine professorin ihre machtposition aus. als beliebte und gefeierte gender-studies-professorin vom schwulen karim als doktormutter angefragt, auch um seinen aufenthaltstitel in deutschland behalten zu können, nutzt margarete faust die abhängigkeit von karim aus, um sich selbst sexuell zu befriedigen. wo soll denn hier margarete faust opfer sein? der text macht mich stellenweise richtig wütend. rape culture ist kein geniestreich.
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Referenzen zu Goethes "Faust" in die Gegenwart transponiert. Ein Stück über Grenzüberschreitungen, Machtverhältnisse, Wissen und Wollust. Sehr spannend gestaltet und hat mich neugierig gemacht, das Drama auch am Theater zu sehen.
Das war ein Happen, wie eine kleine Praline aber mit ziemlich harter Nuss
In einer schlaflosen Nacht weggelesen, ich glaub ich muss da nochmal drübberschauen. Was ich sagen kann, ist dass es sehr gut getan hat den Schulstoff aka KammerFantasien von Absynthgetränkten Männerhirnen auf einen Stock gespiesst nochmal neu gebraten zu bekommen! Serviert wird: mephisto als frecher nonbinary Angel, ein Paar Konfuse Johannisse weil mächtige FLINTA, die Frage ums Begehren und verschiedene Machtpositionen, so wie sie.. unsere Blase gut verstehen wird.
fand es ziemlich gut! ich glaube mir fehlt vielleicht ein ganz bisschen ein Nachwort oder eine Einordnung, um die Vielschichtigkeit des Buches nochmal besser zu greifen. Auf der anderen Seite: wenn man nicht nochmal kontextualisiert interpretiert und denkt man wahrscheinlich viel mehr selber, das ist dann auch cool:)
Drama sollte man halt besser anschauen als lesen, aber trotzdem slay! Empfehlung für alle, die Faust in der Schule kacke fanden, aber auch für die Nerds, die es da schon gefeiert haben.
Fauststoff in aktueller Zeit. Eine Doktorin befindet sich in Gefahr ihren Platz an der Uni zu verlieren. Der Teufel nimmt sich ihrer an... Komisch und absurd, aber interessant und spannend.
„Es ist ja nicht dieser Körper, der mich zur Frau macht. Es ist ja nichts die Art, wie ich gehe, wie ich denke oder fühle, wie ich mich kleide. Das ist es nicht. Was mich zur Frau macht, ist der Hohn gegen die Arbeit, die ich leiste; der abschätzige Blick auf die Art, wie ich lebe und altere. Was mich zur Frau macht, ist das Gesetz, das über meinen Körper richten will. Über meine Zeit.”
„Willkommen zu den alljährlichen Walpurgisnacht-Feierlichkeiten! Ich begrüße hier auf dem Blocksberg all meine Hexen und Kräuterfrauen, Weissager_innen und Kristallseher_innen, alle Teufelsanbeter_innen und Besessenen, alle Missgünstigen und Neidischen, die Verführenden und Willigen, die Ungewaschenen und Stinkigen, die Hässlichen und Widerständigen, die Unkeuschen und Verächtlichen, die Faulen und Nutzlosen, die Unfruchtbaren, die allzu Fruchtbaren, die ihre blutigen Föten in Klos runterspülen, die frisch gebackenen Mamas, die ihre Kinderwägen mit Kippe im Maul über Schotterwege rollen, die alten Jungfern, die sich jedem Schwanz um den Hals werfen, die Bedürftigen, die needy bitches, die, die sich zum Affen machen, und zwar ohne Hauch von Scham. Die männerhassenden Lesben, die selbstsüchtigen Nymphomaninnen, die Geiseskranken und Mental-Health-Verrückten. Die Obsessiven, die schlecht Gefickten, die Ungeficketen, die Unfickbaren. Die Menstruierenden, die auf Oberschenkel und Sofas bluten, die Unausbeutbaren, die niemandem je zu Hilfe eilen. Die bösen Stiefmütter, die Über-Mütter. Die MILFS. Die mit Mommy Issues. Die, die ihre Mütter hassen, die, die sie umbringen wollen, die, die wie sie sein wollen und daran zugrunde gehen. Ich sehe euch. Und ich bin stolz auf euch. Auf jede einzelne. Das hier ist euer Denkmal: die heilige Lilith. Dämonin der Maßlosigkeit.”
"Mein Körper ist ein Text. Er ist ein Ammenmärchen, das mir von klein auf erzählt wurde und das ich immer noch zu dechiffrieren versuche. Wie nennt man das, wenn die ganze Welt eine Lüge glaubt und man die Einzige ist, die die Wahrheit erahnt? Ist das nich Wahnsinn? Aber bin ich hier etwa die Wahnsinnige?
Mein Körper ist ein Text. Er lässt sich ins Unendliche weiterschreiben, korrigieren und ergänzen und streichen und ja, er lässt sich auch zurückändern. Ich kann natürlich behaupten dass dieser Körper mir und nur mir allein gehört, aber stimmt das?"
Sehr kurzweilige und lustige Parodie von Goethes Faust, aber eben auch mit sehr wichtiger Botschaft. Die "Grauzone", von der am Anfang die Rede ist, habe ich aber tatsächlich nicht ganz so sehr wahrgenommen. Machtmissbrauch steht in diesem Drama an oberster Stelle und es ist defintiv eine unterhaltsame Lektüre, zwischen Menners, die sich die Kante geben (wunderbare Regieanweisung!) und genderfluid Mephisto mit einigen ziemlich witty Lines.
Sehr schnell gelesen, war relativ spannend. Musste die Zusammenfassung von Faust lesen um es eigentlich zu verstehen und war adäquat empört. Finde es eine spannende Prämisse, aber auch bissi schräg dass dann die Doktormutter anfängt Victim Blaming zu betreiben und ihre ganze Sprache die eines sexuellen Belästigers sehr ähnelt. Man würde meinen sie wüsste es besser. Naja.
Ich bin mir noch unschlüssig, was mir das Theaterstück sagen soll, aber das Experiment den Faust-Stoff literarisch zu kommentieren und auseinanderzunehmen war durchaus gelungen, amüsant und kurzweilig.
Leider typische Streberprosa voller Self-Awareness, ganz viel Ironie, ganz viel Selbstreflektion, sehr viel aktuellem Internet-Diskurs, voller Trigger-Themen und viel Meinungen dazu, und ganz, ganz wenig Literatur.
War schon ganz süß, war aber jetzt auch nicht so crazy innovativ wie erhofft. zweite hälfte bissi random. dachte Theatertexte zu lesen wird mir schwerer fallen, aber es war so wie ein audio fürs Auge