Tildas Tage sind strikt durchgetaktet: studieren, an der Supermarktkasse sitzen, sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern und an schlechten Tagen auch um die Mutter. Zu dritt wohnen sie im traurigsten Haus der Fröhlichstrasse in einer Kleinstadt, die Tilda hasst. Ihre Freunde sind längst weg, leben in Amsterdam oder Berlin, nur Tilda ist geblieben. Denn irgendjemand muss für Ida da sein, Geld verdienen, die Verantwortung tragen. Nennenswerte Väter gibt es keine, die Mutter ist alkoholabhängig. Eines Tages aber geraten die Dinge in Bewegung: Tilda bekommt eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt, und es blitzt eine Zukunft auf, die Freiheit verspricht. Und Viktor taucht auf, der grosse Bruder von Ivan, mit dem Tilda früher befreundet war. Viktor, der genau wie sie immer 22 Bahnen schwimmt. Doch als Tilda schon beinahe glaubt, es könnte alles gut werden, gerät die Situation zu Hause vollends ausser Kontrolle. 22 Bahnen ist eine raue und gleichzeitig zärtliche Geschichte über die Verheerungen des Familienlebens und darüber, wie das Glück zu finden ist zwischen Verantwortung und Freiheit.
Caroline Wahl (born 1995 in Mainz) is a German author. Her debut novel, 22 Bahnen, was published in April 2023 by DuMont Buchverlag. After her school days, she studied German studies and German literature in Tübingen and Berlin. After that and among other things, she worked as a publishing assistant of the Diogenes Verlag in Zürich. Her love of the sea led her to Northern Germany in 2022 where she worked for a communications agency in Rostock. Since the success of her debut novel, she lives as an independent author in the Hansestadt.
Was die deutsche Literatur aktuell so auf den Markt wirft, begeistert nicht. Vorneweg: I didn't hate it? Die Prämisse war sogar ganz gut und die Story unterhaltsam. Außerdem war das Pacing okay. Und ich mochte Viktor. Seht ihr? Ich KANN nette Sachen sagen. Wenn es welche zu sagen gibt.
Leider gibt es auch zwei Sachen, die ganz und gar nicht nett waren:
1.) Der Schreibstil. Sowas prätentiöses, gewollt literarisches, gekünstelt "frisches" hab ich schon lange nicht mehr erlebt. Man merkt richtig wie die Autorin sich bei jedem Satz auf die Schulter klopft und wie ihr Verlag sie begeistert in ihren Marotten noch bestärkt, denn der Stil ist 100% etwas was 50jährige Marketingmanager für "frech und frisch und jung" halten und was alle anderen einfach nur nervig finden. Von allen Dinge, die ich rauspicken könnte, haben mich am meisten ihre Dialoge genervt. Nicht nur der meist banale Inhalt, sondern die Art, wie sie geschrieben waren. Hier ein Beispiel, was exemplarisch ist für das ganze Buch: Ich glaube, das ist keine gute Idee. Ich: Ich glaube, das ist keine gute Idee." Ida: "Wieso nicht?" Ich finde das recht offensichtlich. Ich: "Ich finde das recht offensichtlich." Ida: "Was meinst du?" Muss ich das wirklich noch laut aussprechen? Ich: "Muss ich das wirklich noch laut aussprechen?" AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARRRRRRRRRRRGGGGGGHHHH! AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHH! Please shoot me now. DAS GANZE BUCH LANG! DAS. GANZE. FUCKING. BUCH. LANG. Die Dialoge waren eh schon banal bis zur Schmerzgrenze, alles dauernd zu wiederholen, macht es nicht besser!! Ja, das kann man mal in einer Szene machen - aus stilistischen Gründen oder um darzustellen, dass sich etwas zäh und vorhersehbar für die Protagonistin anfühlt. Aber doch nicht in JEDER SZENE! Himmelherrgott nochmal.
2.) Tilda. Boah ey. Tilda hätte ein ganz sympathischer Charakter sein können wenn es nicht vom ersten Kapitel an vollkommen offensichtlich gewesen wäre was für ein Autorenliebling sie ist. Die Autorin findet Tilda einfach SO toll. SO TOLL. Sie kann alles. Natürlich ist sie die Beste in ihrem Studienfach. Natürlich ist sie nicht so wie die anderen Mädchen, die irgendso einen Scheiß wie Literatur studieren, nicht Tilda. Sie studiert Mathe! *gasp* Und sie ist so gut, dass sie als einzige ihre Aufgaben mit Papier und Bleistift lösen und abgeben darf und nicht per PC. Sie kann nämlich nur so arbeiten, nicht mit schnöder Technik, weil sie eben eine ganz spezielle Schneeflocke ist. Sie ist auch so gut, dass man ihr eine Promotionsstelle praktisch hinterherschmeißt. Und jeder weiß die gibt's wie Sand am Meer, vor allem in Mathe. Tilda muss sich nie für irgendwas anstrengen, alles fällt ihr in den Schoß. Natürlich ist jeder Junge, der im Buch namentlich erwähnt ist irgendwie in sie verliebt. Der Bruder ihrer besten Freundin. Check. Der Freund ihrer besten Freundin. Check. Und der unfassbar schöne, dramatische Viktor, auf den alle stehen. Check. Aber Tilda ist natürlich viel zu lonely und special und merkt gar nicht wie toll sie ist.
Sie schwimmt jeden Tag 22 Bahnen. Weil sie so quirky und special ist. Genau 22. Nicht 20. Nicht 23. Es müssen 22 sein, weil ihr Zahlen so wichtig sind. 🙄 *hardcore eyeroll* Als jemand, der mal im Schwimmverein war, will ich dazu sagen: 22 Bahnen? Ernsthaft? Erstens ist das eine fucking unpräzise Angabe für jemanden, der annoyingly präzise Angaben zu allem braucht, damit wir ja nicht vergessen, dass sie Mathe studiert. Ist es eine 50m-Bahn oder eine 25m-Bahn, Tilda??? Das macht nämlich einen gewaltigen Unterschied, Tilda!!! Bei ner 50m-Bahn reden wir von 1100m, bei einer 25m-bahn nur noch von 550m. Zweitens - beides ist nicht besonders viel. Dafür dass Tilda sich so fucking viel darauf einbildet - äh? Lass stecken. Im Verein schwimmt man schon mal 6000m pro Sitzung (damit auch Tilda das versteht: Das sind 120 Bahnen bei ner 50m-Bahn - oder 240 Bahnen bei einer 25m-Bahn.) Also wtf soll dieser ständige Scheiß mit den 22 Bahnen? Das ist es echt nicht wert so darauf herumzureiten.
Ihre angeblich "beste Freundin" ist nur dafür da, dass Tilda NOCH besser wegkommt. Marlene ist nämlich eine oberflächliche Partyfluse vor dem Herren, deren Elternhaus liebevoll und perfekt ist (im Gegensatz zu Tildas, die das ärmste Hascherl ever is) und die das gar nicht zu würdigen weiß. Sie hat vor allem Partys im Kopf und fliegt dauernd in den Urlaub (was Tilda sich aber nicht leisten kann, weil sie so arm ist!) und sie lebt in Berlin (was Tilda nicht machen kann, weil sie sich um ihre Schwester kümmern muss), sie feiert ganze Nächte durch (was Tilda nicht machen kann, weil sie muss arbeiten, denn sie ist GANZ ARM dran), und sie streitet sich dauernd mit ihren Eltern, die liebevoll und großartig sind (und Tilda ist schon dankbar, wenn sie mal nur am Tisch sitzen und ein Wurstbrötchen essen darf, denn das kennt sie von zu Hause nicht, denn - alle im Chor! - sie ist GANZ ARM DRAN!). Ich kotze im Strahl.
Also die ganze Beweihräucherung von Tilda ging mir so auf den Kranz. Das hat die- an sich gar nicht so schlechte - Story echt runtergezogen und mir leider alles vermiest. Ihre kleine Schwester Ida wirkte ganz süß, aber natürlich ist sie ebenfalls hochbegabt, ein Genie, super special, sie schwimmt nur wenn es regnet (weil SO QUIRKY!), sie malt geniale Bilder, dabei ist sie erst 10! Ich bin fast sicher, dass die Autorin sie nur so specialig gemacht hat, damit sie ein Sequel zu ihr schreiben kann. Also was wetten wir, dass wir ein weiteres Buch ertragen müssen über quirky special Snowflake No.2 - nämlich Ida?
Also alles in allem ... nette Idee, schlecht umgesetzt. Zwei Sterne, mehr kann ich einfach nicht geben.
[Edit:] Ich hätte nie gedacht, dass diese Rezension mit so vielen Menschen resonated. ;) Danke für 777 likes (01.09.25)
Edit 24.6. hab gerade noch nen Stern abgezogen, nachdem ich gelesen hab, dass Caroline Wahls Eltern ein Chirurg und eine Lehrerin aus Süddeutschland sind. Loooool, rich girl, die sich Armut imaginiert. Genau das Gefühl hatte ich beim Lesen, aber ich hatte ihr dann doch irgendwie Vertrauensvorschuss gegeben.
Ursprüngliche Rezi: Ich habe so viel Begeisterung zu Caroline Wahls Debütroman gelesen und verstehe leider gar nicht warum. Ich fand die Story zu konstruiert, die Sprache gestelzt, bisweilen schwülstig und alles in allem einfach nicht gut erzählt. Hier wurden meiner Meinung nach einfach viel zu viele Klischees verbaut. Pluspunkte gibt es dafür, dass sich der Roman wirklich leicht und schnell lesen lässt und sich meiner Meinung nach für Jugendliche und junge Erwachsene (16+) eignet, die die Abgedroschenheit der sprachlichen Bilder vielleicht nicht so stört wie mich.
+++ Leider wird an einer Stelle die rassistische Fremdbezeichnung für indigene Menschen des nördlichen Polargebiets verwendet +++
Irgendwas stört mich. Vielleicht, dass es wie ein akademischer Traum von Armut klingt. Vielleicht, dass Tilda und Ida beide hochbegabt sind und damit auf jeden Fall akademische Zukunftsperspektiven haben. Vielleicht, dass es ab der Hälfte einfach nur noch ein ziemlich kitschiger Liebesroman ist. Vielleicht, dass Iwan natürlich die "großen Klassiker" gelesen hat. Und dass Ida durch Bücher gerettet wird. Ist Intellekt (und zwar die akademische und romantische Vorstellung von Intellekt) das einzige was dich rettet, wenn du in prekären Umständen leben musst? Tut nicht weh, sinkt aber auch nicht ein.
»22 Bahnen« ist eins der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe & ist straight up zu meinem neuem Lieblingsbuch geworden. Carolines Schreibstil ist kurzweilig, verträumt und aussagekräftig. Er hat mich total an Sally Rooney erinnert. Das Setting & Tilda haben mich aber irgendwie an „Die wilden Hühner“ erinnert. Eine deutsche Kleinstadt/Dorf, wo jeder jeden kennt, Hochsommer im Schwimmbad und ganz viel Gefühl. Ich habe wirklich jede Seite, jedes Wort und jeden Dialog geliebt und gefühlt. Eine ganz ganz große Empfehlung!
Worst read of 2024 so far.. Ähm. Haben wir alle das gleiche Buch gelesen?! 🤐 Nachdem „22 Bahnen“ überall einen gigantischen Hype erfahren hat und sogar zum Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels gewählt wurde, war ich doch sehr neugierig darauf- auch, wenn ich mich ursprünglich wenig angesprochen hat. Die ganzen überragenden Rezensionen haben mich neugierig gemacht. Die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass der Wendepunkt kommt, an dem sich Tilda weiterentwickelt, an dem die Geschichte sich wendet, an dem es GUT wird. Und er kam nicht. 😅 Tilda bleibt die gleiche, verkauft sich als so erwachsen und selbst reflektiert, aber schafft es nicht, ihren Stolz zu überwinden und nach Hilfe zu fragen - oder es alleine zu schaffen. Nein, stattdessen muss der „Seemann“ als Ritter in goldener Rüstung auftauchen und sie retten. Langweilig, wenig fortschrittlich, vorhersehbar - nur um mal ein paar Stichpunkte zu nennen, die mir dazu einfallen. 😴 Dann: C. W. kann mir doch nicht erzählen, dass ständig Ärzte ihrer Mutter Antidepressiva verschreiben und den Körper entgiften, ohne, dass mal ein Psychiater, das Jugendamt oder andere höhere Institutionen aufmerksam werden. Stattdessen deckt Tilda ihre Mutter kontinuierlich?! Spätestens als sie Ida wiederholt schlägt, sollte die ach so fürsorgliche Schwester eingreifen? Tilda ist erwachsen, mindestens 23 Jahre alt. Kein Kind. Da kann man das schon mal erwarten. Stattdessen spielt sie mit dem Gedanken, nach Berlin zu gehen und ihre „Geliebte“ Schwester bei der Alkoholikerin in häuslicher Gewalt und Vernachlässigung zurückzulassen. Ich bin sprachlos. Die Anziehung zwischen dem MMC und FMC ist übrigens auch völlig an den Haaren herbeigezogen. Mehr als sich gegenseitig anschweigen und beim schwimmen zu stalken, ist auch nicht passiert, aber das nur am Rande. Kommen wir zu dem Punkt, der mich am meisten stört: Die Darstellung von Armut in diesem Roman. Man merkt - auch wenn man sich die Biografie C. W.s ansieht -, dass die Autorin noch nie mit armen Menschen in ihrem Leben interagiert hat, aus reichem Elternhaus stammt. Ich finde es schon beschämend, dass Armut dermaßen „romantisiert“ wird. Darüber hinaus beklagt sich die Protagonistin ständig, nur „Gut&Günstig“-Produkte kaufen zu können. 1. Sind diese Produkte, zu Edeka gehörend, weder ein Indikator für Armut. 2. Richtige Armut ist, wenn man sich nicht mal Essen leisten kann. 3. Werden laufend teure (!) Markenprodukte genannt, die die Protagonistin verwendet (Brunnen-Collegeblock, Listerin, Schwarzkopf ..), sowas kaufen sich „Arme“ Menschen nicht, da werden die Prioritäten völlig falsch gesetzt. Wenn das für Frau Wahl arm ist, sieht man ja, woher die Dame kommt. Zu guter letzt werden rassistisch Begriffe verwendet … Ich kanns definitiv nicht empfehlen und werde keine weiteren Bücher der Autorin lesen.
"Hafermilch, Mandelmilch, Cashewmuß, tiefgefrorene Himbeeren, Hummus, Kölln Haferflocken, Chiasamen, Bananen, Dinkelnudeln, Avocado, Avocado, Avocado. Ich spiele: Ich darf nicht hochschauen. Circa 30, männlich, schlaksig, rahmenlose Brille, Levi's Shirt, rate ich, sage "30,72 Euro", schaue endlich hoch, und als ich den Levi's-Schriftzug sehe, ist das ziemlich cool und vielleicht sogar der bisherige Höhepunkt meines Tages." - Caroline Wahl, "22 Bahnen"
Es ist Sommer in einer namenlosen Kleinstadt, brütend heiß, und Tildas Tage bewegen sich zwischen ihrem Mathematikstudium, ihrem Nebenjob an der Supermarktkasse und den 22 Bahnen, die sie am Abend im Freibad zieht, in Dauerschleife. Die meisten ihrer ehemaligen Klassenkamerad*innen sind inzwischen zum Studieren weggezogen oder machen ein Sabbatical, doch Tilda kann nicht einfach weg, denn sie muss auf ihre kleine Schwester Ida aufpassen. Als ihr eine Promotionsstelle in Berlin angeboten wird, gerät ihr Leben ins Wanken - denn wie könnte sie Ida alleine mit ihrer alkoholkranken Mutter lassen?
Manche Bücher schlägt man auf, beginnt zu lesen und verliebt sich schon nach den ersten paar Seiten in die Geschichte samt Figuren. "22 Bahnen" ist so ein Buch, Caroline Wahl hatte mich schon nach der ersten Supermarkt- und Schwimmbad-Szene am Haken. Tilda und Ida sind für mich so ziemlich das coolste, nachempfindbarste und klügste literarische Geschwister-Duo, ich habe das Kleinstadt-Setting total gemocht und mich mit Tilda ein bisschen in Viktor verguckt. Gleichzeitig ist Tildas Geschichte auch sehr tragisch, sie kann kaum eigene Träume zulassen, weil sie für Ida die Mutterrolle einnimmt und sich gleichzeitig um ihre alkoholkranke, manchmal aggressive Mutter kümmern muss.
In knapp 200 Seiten erzählt Caroline Wahl in einem modernen und für mich sehr angenehmen Schreibstil von Familie, Schwesternschaft, Liebe, Klassismus und Suchterkrankungen. Sie transportiert dabei so viele Emotionen, dass ich mich beim Zuklappen des Buchs gar nicht von der Geschichte lösen konnte. Für mich ist "22 Bahnen" das perfekte Sommerbuch, ein Buch zum ab- und auf den Grund tauchen, das ich sehr, sehr gerne weiterempfehle! 🏊🏻♀️
22 Bahnen oder auch: Fantasien aus der Vorstadtvilla
Irgendwie werden hier ganz komische Ideen zu Armut, osteuropäischen und suchtkranken Menschen verkauft. Vielleicht kann man sich nächstes mal länger als 3 Monate mit den Themen beschäftigen über die man schreibt, besonders wenn man offensichtlich keine Ahnung von ihnen hat.
Könnte an sich eine nette Geschichte sein, aber einige Punkten haben mich echt gestört:
Die Probleme, die sich für Tilda und Ida durch die Suchterkrankung der Mutter ergeben, werden zwar angesprochen, bleiben aber oberflächlich. Es hat sich für mich so angefühlt, als ob die Autorin sich einfach imaginiert hat, wie das Leben von Kindern suchtkranker Eltern wohl sein mag. Natürlich kommen Tilda und Ida im Großen und Ganzen gut klar, da sie hochbegabt sind und solange eine Basilikumpflanze auf dem Küchentisch steht und das Bad geputzt ist, ist ja alles okay.
Auch die Darstellung von Armut fand ich klischeehaft und stellenweise romantisierend. Es wurde mal wieder das Stereotyp bedient, sich durch Leistung aus Armut herausarbeiten zu können: Tilda ist in der Uni trotz Mehrfachbelastung (sie finanziert die Familie und kümmert sich um ihre kleine Schwester) wahnsinnig fleißig und erfolgreich, ihr winkt eine Promotion in Berlin und damit der „soziale Aufstieg“, Ida schmeißt mit elf fröhlich den gesamten Haushalt und verarbeitet potenziell Traumatisches als künstlerisches Genie. Es entsteht fast der Eindruck, die Autorin würde die Probleme von Tilda und Ida als „dornige Chancen“ begreifen. Hier hat mir echt die Tiefe und der Blick für strukturelle Probleme gefehlt.
Die Liebesgeschichte, die sich schon auf den ersten paar Seiten anbahnt, war mir auch zu klischeebeladen. Der mysteriöse, gutaussehende, große und sportliche Typ mit den „eisblauen Augen“, der schon in der Schule der Schwarm aller war und eine tragische Vergangenheit hat, Tilda rettet, aber eigentlich selbst gerettet werden muss - ne, das hat sich für mich zu sehr nach Twilight angefühlt.
Sprachlich war das Buch okay, aber auch nicht herausragend. Man kann es gut und schnell weglesen, da es nicht besonders anspruchsvoll geschrieben ist, was ja auch durchaus positiv bewertet werden kann.
Insgesamt ist das Buch wahrscheinlich ein people pleaser, weil irgendwie sweet und tragisch, aber wirklichen Tiefgang oder einen angemessenen Umgang mit den angesprochenen Themen hat es nicht. Sorryyy
Das Buch vereint schlechten Stil mit Poverty Porn und stereotypen Charakteren. Bis zum Schluss erfahren wir nicht, warum es 22 oder auch mal 23 Bahnen sind, was das Schwimmen überhaupt für eine tiefergehende Bedeutung hat, außer das oberflächliche Abtauchen und die Behauptung einer meditativen Routine. Was haben die erwähnten Stochastik-Bücher mit der Geschichte zu tun, außer plumpes Namedropping? Hier wäre viel mit Wahrscheinlichkeiten zu holen gewesen. Aber Schwimmen ist hier genauso beliebig gewählt wie die Zahl 22 und das Stochastik-Thema. Die Charaktere bleiben leer, reproduzieren leider nur Klischees. In ein Leben als Migranten oder Alkoholkranke wird nur schemenhaft eingeführt. Es fehlt allerorts an Tiefe. Fast schon peinlich muten die ständigen Gewitter an, die eiskalten Augen des - natürlich - Russen. Und natürlich ist "der Russe" auch ein Mathe-/Informatik-Genie und dessen Bruder und Drogendealer, der Dostojewski liest. Der Roman zeugt von emotionaler und literarischer Unreife und es ist mir ein Rätsel, wie es so häufig empfohlen werden konnte.
Tilda hat es sich zur Gewohnheit gemacht, Menschen anhand der Dinge, die sie aufs Kassenband legen, zu erraten. Bei mir wären das wohl Brokkoli, Vly-Joghurt, Bananen, vegane Chickenchunks. Und Schokolade, ganz sicher. Ich könnte Stunden im Supermarkt verbringen, im Urlaub immer der erste Suchbegriff bei Google Maps, und entsprechend groß war mein Lächeln, als ich die ersten Seiten von „22 Bahnen“, dem Debütroman von Caroline Wahl, las. Doch die Leichtigkeit wurde bald von Beklemmung abgelöst, dem Blick hinter die Fassade. Eindrücklich beschreibt die Autorin die familiären Umstände, die Tilda zu kitten versucht: die Krankheit ihrer Mutter, die Ungewissheit und Armut, die Gewalt – und wie sie zugunsten ihrer Schwester zurücksteckt. Tilda ist selbstlos, verantwortungsbewusst, liebevoll im Umgang mit Ida, tut alles, im ihr ein sicheres Leben zu ermöglichen. Und wenn es das Geld zulässt, Miracoli statt Gut & Günstig zu kaufen. . Doch während Ida ihre Schwester und ihre Bilder hat, hat Tilda niemanden. Früher, da gab es Marlene. Sie waren beste Freundinnen, doch die Zeit und ihre unterschiedlichen Lebensrealitäten hatten sie entzweit. Da ist nur die Vergangenheit, die sie verbindet: wie sie nebeneinander auf dem Feld lagen in diesem letzten Sommer, über die Zukunft nachdachten, wie sie sich an der Hand hielten während der Beerdigung von Ivan, ihrem Freund, gemeinsam lachten und weinten. Marlene war eine Zuflucht für sie, damals, als es Ida noch nicht gab; jeden Tag saß sie bei ihrer Familie am Abendbrottisch, um nur nicht Zuhause zu sein. Eine Nacht vergessen, die Angst, die Aggressionen, nur sie selbst sein - sie kann, darf nicht mehr vor ihrem eigentlichen Zuhause flüchten. Mit Ida hatte sie wieder einen Anker, wieder eine Familie, um die sie sich kümmern musste, damit sie nicht weiter zerbrach. . Bis dahin war es eine Heldinnengeschichte, der Weg zur Selbstermächtigung zweier Schwestern - und mein Herz war voll. Doch als Viktor kam, war es, als hätte jemand den Stöpsel im Schwimmbecken gezogen. Ich hab's nicht mehr gefühlt. Die Dynamiken veränderten sich, alles wirkte überhastet und aufgesetzt, zu konstruiert; ich war ernüchtert, denn Viktor hätte es nicht gebraucht. Entsprechend genervt war ich von der zweiten Hälfte, dem Hin und Her zwischen Tilda und Viktor, dem vermeintlichen Freiheitsschlag. Einzig Idas Entwicklung hat mich ungemein gefreut: Sie wächst, wird selbstbewusster, kommt aus sich heraus - und stellt sich auch dem Monster, der Mutter, mit klaren Worten gegenüber. Aber ja, das war's leider auch. . Denken wir uns den zweiten Teil einmal weg, hätte "22 Bahnen" eines meiner liebsten Bücher dieses Frühjahrs werden können. Ich mochte die dynamische, mit unterschiedlichen Stilen spielende Sprache sehr, die gleichermaßen leicht wie schwermütig daherkommt, und der Geschichte an den richtigen Stellen Licht und Schatten gibt. Und: die Thematik. Tilda und Ida sind bei weitem das wunderbarste Geschwisterpaar, das mir seit langem in der Literatur begegnet ist, da ist mir wirklich das Herz aufgegangen. Insbesondere Tilda hat mir sehr imponiert in ihrem Auftreten gegenüber der Mutter, ihrer Selbstlosigkeit und Fürsorge. Ach puh. Und ich meine, natürlich wünsche ich ihr ein Happy End, einen Ritter in goldener Rüstung, der sie aus dem Schloss rettet und in den Sonnenuntergang reitet oder zum Schwimmbad, was weiß ich, aber ach, lassen wir das. Das war nicht der richtige Moment dafür, weder in der Geschichte noch für mich, als ich die Torstraße entlangstolpernd das Buch las. Aber alles davor: total gefühlt, sehr gemocht. Freue mich auf mehr, Caro!
„22 Bahnen“ von Caroline Wahl gehört zu den Büchern, die mir im verganenen Jahr immer wieder empfohlen wurden. Da ich bei zu sehr gehypten Büchern immer vorsichtig bin, habe ich mir bei dem Buch besonders lange Zeit gelassen und ihm erst jetzt eine Chance gegeben und ich muss leider sagen, dass ich den Hype nicht nachvollziehen kann.
Schuld daran ist besonders der Schreibstil, den ich als sehr anstrengend empfunden habe. Besonders die Dialoge sind unglaublich anstrengend und vom Stil her nicht mein Fall, denn diese werden eher wie in einem Drehbuch geradezu aufgelistet, was den Lesefluss für mich enorm gestört hat. Die vielen Wiederholungen haben ebenfalls dazu beigetragen, dass mir der Schreibstil nicht zugesagt hat. Ich konnte irgendwann gar nicht mehr mitzählen, wie oft darüber geredet wurde, dass man getrunken, gemalt, geschwommen, Joints geraucht, kassiert oder Abendbrot gegessen hat.
Dabei ist das Buch mit seinen gerade einmal knapp 210 Seiten gar nicht mal so dick. Dennoch hatte ich oft das Gefühl, dass man das Buch mit unnötigen Wiederholungen und jeder Menge Product Placement in die Länge gestreckt hat. Wieso man immer wieder bestimmte Marken beim Einkaufen erwähnen musste oder warum in aller Ausführlichkeit beschrieben wurde, mit welchen Produkten man sich genau geduscht und eingecremt hat, weiß wohl nur die Autorin.
Auch die Figuren konnten mich leider nicht überzeugen. Tilda, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, kam mir anfänglich sympathisch vor, allerdings wurde sie mit der Zeit immer nerviger und sie hat deutlich an Sympathie eingebüßt. Ihr Umgang mit ihrer jüngeren Schwester fand ich zwar sehr berührend, aber ansonsten ist Tilda für mich leider keine Protagonistin, die man in ihrem Leben haben möchte. Anstatt ihrer schwer alkoholkranke Mutter zu helfen, macht sie ihr nur Vorwürfe und beleidigt sie. Ihre Freundschaften existieren quasi nur, weil man gemeinsam trinkt und raucht und obwohl sie immer wieder sagt, wie egal ihr die Menschen sind, regt sie sich wahnsinnig über mehrere Seiten darüber auf, wenn jemand nicht „Tschüss“ sagt. Dazu tritt das Buch immer wieder auf der Stelle, weil bei Tilda einfach nichts passiert. Sie geht zur Uni, sitzt an der Kasse, sie schwimmt, sie verbringt Zeit mit ihrer Schwester. Dass man hier einen solchen Alltag aufzeigt, ist zwar an sich vollkommen in Ordnung, da nicht jeder ein spektakuläres Leben führen muss, allerdings hätte es auch gereicht, wenn man dies nicht seitenweise immer wiederholt hätte.
Dass man gegen Ende auch noch unbedingt eine kleine Liebesgeschichte einbauen musste, hat für mich ebenfalls nicht funktioniert, zumal diese alles andere als authentisch ist. Man trifft sich, man redet nur sehr gezwungen miteinander, man verliebt sich angeblich, schweigt sich sehr viel an, aber letztendlich hat sie noch nicht einmal seine Telefonnummer, erwartet aber, dass er sich immer bei ihr melden wird.
Letztendlich hätte „22 Bahnen“ ein gutes Buch sein können, wenn die Dialoge besser eingebaut worden wären und auch die Charaktere sympathischer und mehr Tiefe besessen hätten. Manchmal reicht eine Idee allein einfach nicht aus, um ein ganzes Buch damit zu füllen.
Tilda und Ida leben bei ihrer alkoholabhängigen Mutter. Tilda als Ältere kümmert sich um Ida, da ihre Mutter es nicht schafft. Ein sehr trauriges Thema, bedrückend. Aber so ganz berührt hat mich die Geschichte dennoch nicht. Ich fand den Schreibstil doch sehr gewöhnungsbedürftig. Zudem sind beide Mädchen hochbegabt; das war mir irgendwie zu viel.
Puh, das war definitiv not worth the hype. Ich bin leider bis zum Ende nicht warm geworden, sowohl mit der Geschichte, den Charakteren als auch dem Schreibstil. Was für schlechte Dialoge, zum Teil total unnahbare Charaktere und ein für mich nicht angenehm zu lesender Schreibstil. Es kommt keine Atmosphäre und keine Gefühle rüber - zumindest nicht bei mir. Das geht definitiv besser. Schade!
Der Debütroman von Caroline Wahl, erschienen im Dumont Verlag - sehr gelungen!
Tilda studiert Mathe, arbeitet an der Supermarktkasse und geht schwimmen. Ganz nebenbei kümmert sie sich noch um ihre kleine Schwester Ida. Ihre Mutter ist Alkoholikerin. Die jeweiligen Väter sind aus dem Leben verschwunden. Nun hat Tilda die Aussicht auf eine Promotionsstelle. In Berlin. Was soll da aus Ida werden, die gerade erst auf das Gymnasium gekommen ist und eher verträumt und zurückhaltend scheint? Und dann ist da noch Viktor, der eigentlich so gar nicht in Tildas streng getaktetes Leben passt, das schon ein nichtfunktionierender Kopierer in der Uni aus dem Lot bringen kann.
Tilda ist die beeindruckende Hauptfigur und Erzählerin in Carolina Wahls Debütroman „22 Bahnen“. Noch so jung, aber schon so erwachsen, so zielstrebig, so klug, so verantwortungsbewusst, so warmherzig und so empathisch im Umgang mit ihrer kleinen Schwester. Was sie sich ausdenkt, um diese für das Leben mit ihrer Mutter zu rüsten, wenn Tilda in Berlin sein sollte, ist einfach umwerfend. Und trotzdem ist Tilda eben auch jung, auf der Suche, will leben und feiern. Sie wirkt nicht wie eine Kunstfigur, sondern wie eine Person aus Fleisch und viel Herzblut, die man gern zur Freundin oder eben zur großen Schwester hätte. Aber auch Ida ist ein toller Charakter, den die Autorin da geschaffen hat: eigenwillig, kreativ, originell, sehr sensibel, aber viel stärker als sie und Tilda selbst es für möglich gehalten haben. Beide richten sich - trotz der schweren Umstände – die aggressive, ichbezogene, von Depressionen geplagte Mutter, die unter Alkoholsucht leidet und am Leben verzweifelt und ihre Töchter im besten Falle gar nicht wahrzunehmen scheint – in ihrem Leben ein, sie führen ein gutes Leben als Schwesternfamilie und reifen zu tollen Menschen heran. Es gibt kein Leiden und Klagen, kein Selbstmitleid, sondern der Roman vermittelt einen solchen bodenst��ndigen Optimismus und eine Gewissheit um das gelingende Leben, wie ihn Ida selbst in Worte fassen kann, wenn sie zu ihrer Mutter sagt: „Wir wissen, dass du es ohne Hilfe nicht schaffst, und wir wissen, dass wir es ohne dich und auch mit dir schaffen.“
Der Stil wechselt von schlicht, rau und sehr neuhochdeutsch, hin zu magisch-poetisch, wenn Tilda Stimmungen in der Natur spiegelt und die wunderschönen Zeichnungen ihrer kleinen Schwester beschreibt, die die Wirklichkeit in Märchen spiegelt - ein Spiel, das die beiden bis zur Perfektion beherrschen.
Caroline Wahl schreibt anders, präzise und zugleich prägnant. Besonders wenn es um Dialoge geht, behält sie einen schlichten Stil, verzichtet auf Ein- und Ausleitungsverben der direkten Rede sowie auf Anführungszeichen. Was zuerst ungewohnt erscheint, ergibt im Laufe des Buches Sinn, schließlich kann der Leser schlussfolgern in welcher Art und Weise gesprochen wird. Zudem arbeitet die Autorin mit vielen Motiven, die, bei genauem Lesen, vereinzelt auftauchen und eine Gleichmäßigkeit suggerieren, die von Tildas Alltag bestimmt wird.
Eine große Leseempfehlung für aufwühlende, melancholische und trotz allem wunderschöne Lesestunden mit einem der vielversprechendsten aktuellen Coming-of-Age-Romane!
Kann den Hype so gar nicht nachvollziehen. Las sich wie ein miẞglücktes Jugendbuch für mich. Stereotype Figuren, unglaubwürdige Liebesgeschichte und sehr oberflächliche Darstellung von ernsten Problematiken in dysfunktionalen Familien. Um diese Autorin mach ich zukünftig sicher einen großen Bogen!
Tilda und Ida sind ein wahnsinnig intensives, nahbares Schwesternduo, deren Dynamik mich sofort am Haken hatte. Die Geschichte ist knapp und schnörkellos in kurzen Sätzen erzählt. Gerne hätte ich noch ein paar mehr Kapitel gelesen, denn gerade zum Ende hin fühlte es sich an wie ein gelungenes Sommerbuch. Zu Beginn jedoch ist die Geschichte alles andere als das. Tilda arbeitet neben dem Studium an der Supermarktkasse, schwimmt abends im Freibad ihre 22 Bahnen und muss dazu noch die Mutterrolle für ihre kleine Schwester Ida übernehmen. Ihre eigene Mutter liegt nämlich meist im Alkoholsuff auf der Couch. Als ihr ein Job in Berlin angeboten wird spürt man als Leser die Zwickmühle, in der sie nun steckt, total! Wie soll sie ihre 10 jährige Schwester in dieser Situation allein lassen? Die Liebesgeschichte, die sich mit dem wortkargen Viktor anbahnt, der ebenfalls Abend für Abend seine Bahnen im Freibad zieht, hatte für meinen Geschmack ein passendes Tempo. Die erwachenden Gefühle der beiden füreinander sind nachfühlbar und realistisch beschrieben. Ein kurzer Roman, der mit Wucht die Problematik des Alkoholismus erzählt, der aber auch die Hintergrundgeschichte der Mutter weitestgehend im Dunkeln lässt.. da hätte ich mir doch mehr Einblick gewünscht. Zudem fand ich die Dialoge doch sehr holprig und sehr „kurz an“. Beide Schwestern entwickeln sich in ihrer Persönlichkeit in rasendem Tempo - weil sie es müssen. Ein gelungenes Debüt.
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Update 05.09.25 grade den Film gesehen, one of the rare cases, wo der Film für mich sehr viel besser ist als das Buch. Wunderbare Atmosphäre, starkes Casting und die Drehbuch Adaption hat anscheinend einige der Dinge rausgekürzt bekommen, die mich so genervt haben im Buch.
2 Sterne So, jetzt weiß ich langsam auch, was mich an diesem Buch so nervt. Weil als ich es gelesen habe, hatte ich schon Spaß und wollte dran bleiben. Aber! Ganz ehrlich:
1. die Story ist komplett vorhersehbar und die Charaktere sind irgendwie stereotyp: der düstere, grumpy Typ, der Profi Hacker, kommt zurück in die Kleinstadt, um die Habseligkeiten seiner gesamten verstorbenen Familie inkl. Geschwister und Eltern zusammenzupacken und verliebt sich in die Tochter einer Alkoholikerin, die in ihrem Mathe Studium brilliert, obwohl sie keine Zeit hat zu lernen, an der Kasse von einem Discounter sitzt, sich um die kleine Schwester kümmert, und jeden Tag noch die Muse und Zeit hat, 22 Bahnen zu schwimmen. Am Ende finden sich die beiden, es ist zwar keiner in Therapie, aber mental wirken beide eigentlich gesund, mal abgesehen von allem, was so passiert ist. Für mich einfach realitätsfern und viel zu „einfach“. So richtig gekauft hab ich deren Liebe auch nicht, gefühlt waren beide Charaktere eigentlich ziemlich eindimensional. Dann gibts da noch die beste aufgedrehte Freundin, die in Australien war und jetzt raus in die Welt zieht. Die Freund:innen, die nach Berlin ziehen und mit Mikropony zurück in die Heimat kommen, um dort Raves zu starten. Ist klar. Alles total schablonenhaft und prätentiös geschrieben.
2. die Sprache: Sie war nichts besonders, gleichzeitig komplett unauthentisch. Den Kunstgriff mit dem „1-mal“ statt „einmal“ etc. habe ich nicht verstanden (wie @leonie schon in ihrer rezi auch sagte)- geht es darum, dass Tilda Mathe studiert? Soll das zu den „22 Bahnen“ dazu gehören? Dann die Art und Weise, wie die Charaktere teilweise miteinander sprachen: „Dein Name [Wolkow = Wolf] passt gut zu dir.“ „Dann renn“ - was zur Hölle?? Wer bitte redet so? Selbst die GenZs doch nicht, oder?!
3. Ich hab original nix gelernt und das Gefühl Caroline Wahl hat für dieses Buch einfach gar nichts recherchiert. Es gab ein paar Themen, wo man hätte über Allgemeinwissen hinausgehen können (und sollen für ein gutes Buch): Leben mit einem:r Alkoholikerin, Mathematik, Programmieren/Coding, sogar Schwimmen! Hier blieb das gesamte Buch komplett an der Oberfläche und ich bin genauso schlau wie vorher. Auch die Kleinstadt in der Tilda lebt bleibt namenlos und außer ein paar random Straßennamen kriegt man kein Gefühl für die Stadt und auch hier nimmt man nichts mit. Sowas nervt mich, weil ich das Gefühl habe, dieses Buch ist einfach ohne Aufwand und total lieblos entstanden und hätte gefühlt von jedem:e geschrieben werden können. Als Autor:in sollte man doch einen gewissen Anspruch an die Inhalte und das Setting haben. Wieso hat dieses Buch soviele Preise gewonnen??
Wenn ich das so lese ist es eher ein Stern, aber dafür hatte ich während des Lesens doch zu viel Spaß. Aber für mich ein absolut unnötiges Buch, das anscheinend ohne viel Recherche und Tiefe entstanden ist, mit einer vorhersehbaren Story mit vorhersehbaren Charakteren. (Nur Ida fand ich wirklich toll.) Verstehe den Hype nicht.
»22 Bahnen« von Caroline Wahl hat mich daran erinnern, warum ich Belletristik, genauer Coming of Age und Contemporary, so liebe. Dieses Buch hat mich von vorne bis hinten in den Bann gezogen, mitgenommen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die knapp 200 Seiten waren viel zu schnell vorbei. Ich brauche definitiv mehr von Caroline Wahl, die jetzt eine meiner absoluten auto-buy Autorinnen geworden ist! 🤍 (»Windstärke 17« ist natürlich schon bestellt)
Dieses Buch porträtiert das Leben einer zerrütteten Familie und ist eine emotionale Wucht. Caroline Wahl schreibt außerordentlich nüchtern (hat mich vom Stil leicht an Schirach erinnert), und schafft es dennoch, mit ihrem Gesagten eine emotionale Tiefe zu schaffen. Einfach wunderbar zu lesen.
Fazit: Das Buch hallt lange nach und war eine Bereicherung. Danke @le.lyssa für diese on point Empfehlung! ❤️🩹 5 ⭐️
Anfangs war ich etwas überfordert mit der außergewöhnlichen Sprach- und Schriftgestaltung....doch nach einigen Seiten war ich gefangen von der emotionalen und tiefgründigen Geschichte um Tilda und Ida.
Das war nichts für mich. Zu viel Rassismus, Klassismus, Misogynie, Gut und Günstig und anderes Name-Dropping. Viel zu viele Klischees. Ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, das Buch möchte mehr sein, als es ist. Am Ende ist es das doch nur eine flache Romcom (auch wenn Tilda ja immer betont „das hier ist keine Liebesgeschichte), eher Jugendliteratur, mit unnahbaren männlichem Loveinterest, der ja ach so misteriös ist. Langweilig. Am schlimmsten war der überproportional auftauchende Reisenthel-Korb.
Sehr toll. Lieb die Figuren und würde gerne wissen, wie es mit ihnen weitergeht. Find gut, dass es nicht noch irgendein heftiges Drama am Ende gab, um den Spannungsbogen noch fester zu spannen. Oft wollen Bücher mehr als geht. Aber dieses hier war genau richtig so.
Gut, dass ich mich für das Hörbuch entschieden habe. Die Stimme von Carolin Haupt verleiht dem Text zusätzlichen Schwung. Außerdem konnte ich die Geschichte so beim Autofahren oder bei der Hausarbeit erleben, als Leselektüre wäre mir die Zeit vermutlich zu schade gewesen. Die Ausgangssituationen der Hauptpersonen sind alles andere als unterhaltsam. Tildas Mutter ist Alkoholikerin, so dass die Studentin nicht nur Geld verdienen und den Haushalt schmeißen muss, sondern sich auch für das Wohlergehen ihrer 10jährigen Schwester Ida verantwortlich fühlt. Viktor ist Russlanddeutscher, etwas älter als Tilda und freelance Programmierer. Seine gesamte Familie kam in einem Verkehrsumfall ums Leben. Wie nicht anders zu erwarten kriegen die Spröde und der Unzugängliche sich am Ende. Und Ida wird so selbstständig, dass Tilda es wagen kann für die Promotion nach Berlin zu ziehen und die Schwester mit der Mutter allein zu lassen. Happy end!? Im Buch schon, aber wäre es auch im Leben so? Wohl eher nicht, aber manchmal freut man sich über ein Märchen, das gut ausgeht. So auch hier.
Eine unangenehme Mischung aus Sally Rooney, “Tschick” und deutschen Wohlfühl-RomComs.
In einem Interview mit Elke Heidenreich (ja, die, die sich ständig über “Gendersprache” aufregt) erzählt Wahl, dass sie einen Roman schreiben wollte, aber partout nicht über sich selbst, sondern etwas Existenzielleres, Zeitloses schaffen. Und genau da liegt der Knackpunkt für mich - "sie sind fern von jeglicher Betroffenheitsliteratur", wie Heidenreich positiv bemerkt, ich finde den Ansatz aber einfach schrecklich, sorry not sorry.
Kurzer Rewind zum Positiven: Sprachlich fand ich es durchaus ansprechend, diese kurzen Sätze und Repetitionen. Caro Wahl hat es definitiv geschafft, ein Alleinstellungsmerkmal als Autorin für sich zu finden. Und ja, das Buch vermittelt definitiv eine Leichtigkeit und Wohlfühligkeit, das viele bestimmt als tröstend empfinden (ich war aber irgendwann nur noch genervt tbh)
Was mir gar nicht gefallen hat: dieser matthias-schweighöferliche Verklärungsfilter, der über dem ganzen Buch liegt. Zentrale Themen hier sind Armut und der Alkoholismus der Mutter. Ich fand diese Themen unterrecherchiert, nicht feinfühlig genug ausgearbeitet und die Figuren klischeehaft und flach. Es wurde sich auf die falschen Details fokussiert - Gut und Günstig-Produkte als Indikator für Armut? Haftbefehl gleich Alkoholiker-Musik? Der drogendealende Russe? - anstelle da wirklich reinzugehen und z.B. gesellschaftliche Ansichten auf Armut darzustellen, oder gar zu hinterfragen, den Finger in die Wunde zu legen, auch bei den Leser*innen.
Ich glaube trotzdem, Caro Wahl macht mit ihren Alleinstellungsmerkmalen viel richtig: Der besondere Schreibstil, die Melancholie in ihren Texten, zwischen Jugend- und Erwachsenenliteratur bzw. New Adult zu sein - das ist insgesamt eine gute Zielgruppendefinition und ist sicherlich ansprechend für viele.
Fazit. In der letzten Zeit entsteht bei mir der Eindruck, dass immer, wenn Autor*innen davon sprechen, etwas Existenzielles, Zeitloses, Universelles schaffen zu wollen, es für mich einfach bei Oberflächligkeiten und wischi-waschi-politics bleibt. Ich denke, die Autorin hier ist eher nichts für mich :D
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Bücher mit jungen Figuren und mehr oder weniger ähnlichen Themen, die ich aus diversen Gründen besser fand (die, zugegeben, aber auch härterer Tobak sind):